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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Regenten-Spiegel.
Goldschmied und Zimmermann erfüllet hab mit dem Geist Gottes/
mit Weißheit und Verstand. Die Niederlande sind hiebevor in ge-
ringem Zustand gewesen. Die Einwohner sind wol zu frieden gewe-
sen/ wann das Jahr umb gewesen ist/ und Einnahme und Außgabe
ist gegeneinander auffgangen. Als sie aber durch die Tyranney deß
Duc de Alba/ von ihren ordinari Mitteln bracht worden/ und sie
Noth gezwungen hat/ auff extraordinari Mittel zudencken/ haben sie
ihre Kinder lassen allerley Künst und Handwerck lernen. Dadurch
ist die Kauffmanschafft und Schiffart befördert worden. Und die
Kauffmanschafft und Schiffart hat gemacht/ daß sie nun mit den
Einkünfften ihres Landes nicht zu frieden sind/ sondern novos orbes
neue Königreiche suchen wollen. Wie mercklich ist das Königreich
Schweden in kurtzer Zeit verbessert wvrden durch die manufacturen
und Handwercks Leut? Es wil heutiges Tages eines jeden Bauren
Sohn studieren/ hernach lauffen sie durch die Welt und betteln/ und
klagen daß es ihnen an promotion mangele. Warumb lernen sie nicht
neben den freyen Künsten ein Handwerck? Der Evangelist Lucas
war ein Theologus, er war daneben ein Medicus und Mahler. Paulus
hatte in seiner Jugend die Theologiam studirt zu den Füssen Gama-
lielis/ er war darneben ein Teppichmacher. Was für ein Künstler
war Käyser Rudolphus der Ander? Er hat darneben das Römische
Reich glücklich und wol regiert. König Christian der Vierdte in Den-
nemarck/ hat von allen Handwercken also judiciren können/ als ob Er
bey einem jeden ein Lehrjung gewesen were/ und hat daneben nicht al-
lein grosse Kriege geführet/ sondern auch seine Königreich und Für-
stenthümer mit solcher Weißheit und dexterität gubernirt, daß seine
Unterthanen Jhn für einen Spiegel eines weisen und sorgfältigen
Regenten gehalten. Wann ich ein Politicus were/ und einem grossen
Herrn diente/ wolt ich rathen/ 1. daß keiner im gantzen Land solt Kauff-
manschafft treiben/ er habe dann in seiner Jugend ein Handwerck ge-
lernet. Dann das Glück ist rund/ dem einen lauffts ins Hauß/ dem
andern drauß. Und Kauffmansgut ist wie Ebbe und Flut. Wann es
nun einem Kauffmann mißlingt/ daß er Bancorot macht/ so leugt
er und treugt/ und thut nichts anders/ als daß er and ere Leut umb
das Zeitliche/ und sich offtmals umb das Ewige bringt. Dann er hat
sonst nichts anders gelernet/ damit er Weib und Kinder könne erneh-
ren. Zum andern/ wolt ich rathen/ daß keines gemeinen Mannes Sohn
solle studiren/ er lerne dann ein Handwerck darbey. Vorzeiten dürffte
bey den alten Chaldäern/ Egyptiern und andern weisen Völckern
niemand studieren/ er sey dann auß königlichem oder anderm ho-
hem Geschlecht. Jetzo wil fast eines jeden Bettlers Sohn studiren/

und

Regenten-Spiegel.
Goldſchmied und Zimmermann erfuͤllet hab mit dem Geiſt Gottes/
mit Weißheit und Verſtand. Die Niederlande ſind hiebevor in ge-
ringem Zuſtand geweſen. Die Einwohner ſind wol zu frieden gewe-
ſen/ wann das Jahr umb geweſen iſt/ und Einnahme und Außgabe
iſt gegeneinander auffgangen. Als ſie aber durch die Tyranney deß
Duc de Alba/ von ihren ordinari Mitteln bracht worden/ und ſie
Noth gezwungen hat/ auff extraordinari Mittel zudencken/ haben ſie
ihre Kinder laſſen allerley Kuͤnſt und Handwerck lernen. Dadurch
iſt die Kauffmanſchafft und Schiffart befoͤrdert worden. Und die
Kauffmanſchafft und Schiffart hat gemacht/ daß ſie nun mit den
Einkuͤnfften ihres Landes nicht zu frieden ſind/ ſondern novos orbes
neue Koͤnigreiche ſuchen wollen. Wie mercklich iſt das Koͤnigreich
Schweden in kurtzer Zeit verbeſſert wvrden durch die manufacturen
und Handwercks Leut? Es wil heutiges Tages eines jeden Bauren
Sohn ſtudieren/ hernach lauffen ſie durch die Welt und betteln/ und
klagen daß es ihnen an promotion mangele. Warumb lernen ſie nicht
neben den freyen Kuͤnſten ein Handwerck? Der Evangeliſt Lucas
war ein Theologus, er war daneben ein Medicus und Mahler. Paulus
hatte in ſeiner Jugend die Theologiam ſtudirt zu den Fuͤſſen Gama-
lielis/ er war darneben ein Teppichmacher. Was fuͤr ein Kuͤnſtler
war Kaͤyſer Rudolphus der Ander? Er hat darneben das Roͤmiſche
Reich gluͤcklich und wol regiert. Koͤnig Chriſtian der Vierdte in Den-
nemarck/ hat von allen Handwercken alſo judiciren koͤnnen/ als ob Er
bey einem jeden ein Lehrjung geweſen were/ und hat daneben nicht al-
lein groſſe Kriege gefuͤhret/ ſondern auch ſeine Koͤnigreich und Fuͤr-
ſtenthuͤmer mit ſolcher Weißheit und dexteritaͤt gubernirt, daß ſeine
Unterthanen Jhn fuͤr einen Spiegel eines weiſen und ſorgfaͤltigen
Regenten gehalten. Wann ich ein Politicus were/ und einem groſſen
Herꝛn diente/ wolt ich rathen/ 1. daß keiner im gantzen Land ſolt Kauff-
manſchafft treiben/ er habe dann in ſeiner Jugend ein Handwerck ge-
lernet. Dann das Gluͤck iſt rund/ dem einen lauffts ins Hauß/ dem
andern drauß. Und Kauffmansgut iſt wie Ebbe und Flut. Wann es
nun einem Kauffmann mißlingt/ daß er Bancorot macht/ ſo leugt
er und treugt/ und thut nichts anders/ als daß er and ere Leut umb
das Zeitliche/ und ſich offtmals umb das Ewige bringt. Dann er hat
ſonſt nichts anders gelernet/ damit er Weib und Kinder koͤnne erneh-
ren. Zum andern/ wolt ich rathen/ daß keines gemeinẽ Mannes Sohn
ſolle ſtudiren/ er lerne dann ein Handwerck darbey. Vorzeiten duͤrffte
bey den alten Chaldaͤern/ Egyptiern und andern weiſen Voͤlckern
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hem Geſchlecht. Jetzo wil faſt eines jeden Bettlers Sohn ſtudiren/

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[59/0101] Regenten-Spiegel. Goldſchmied und Zimmermann erfuͤllet hab mit dem Geiſt Gottes/ mit Weißheit und Verſtand. Die Niederlande ſind hiebevor in ge- ringem Zuſtand geweſen. Die Einwohner ſind wol zu frieden gewe- ſen/ wann das Jahr umb geweſen iſt/ und Einnahme und Außgabe iſt gegeneinander auffgangen. Als ſie aber durch die Tyranney deß Duc de Alba/ von ihren ordinari Mitteln bracht worden/ und ſie Noth gezwungen hat/ auff extraordinari Mittel zudencken/ haben ſie ihre Kinder laſſen allerley Kuͤnſt und Handwerck lernen. Dadurch iſt die Kauffmanſchafft und Schiffart befoͤrdert worden. Und die Kauffmanſchafft und Schiffart hat gemacht/ daß ſie nun mit den Einkuͤnfften ihres Landes nicht zu frieden ſind/ ſondern novos orbes neue Koͤnigreiche ſuchen wollen. Wie mercklich iſt das Koͤnigreich Schweden in kurtzer Zeit verbeſſert wvrden durch die manufacturen und Handwercks Leut? Es wil heutiges Tages eines jeden Bauren Sohn ſtudieren/ hernach lauffen ſie durch die Welt und betteln/ und klagen daß es ihnen an promotion mangele. Warumb lernen ſie nicht neben den freyen Kuͤnſten ein Handwerck? Der Evangeliſt Lucas war ein Theologus, er war daneben ein Medicus und Mahler. Paulus hatte in ſeiner Jugend die Theologiam ſtudirt zu den Fuͤſſen Gama- lielis/ er war darneben ein Teppichmacher. Was fuͤr ein Kuͤnſtler war Kaͤyſer Rudolphus der Ander? Er hat darneben das Roͤmiſche Reich gluͤcklich und wol regiert. Koͤnig Chriſtian der Vierdte in Den- nemarck/ hat von allen Handwercken alſo judiciren koͤnnen/ als ob Er bey einem jeden ein Lehrjung geweſen were/ und hat daneben nicht al- lein groſſe Kriege gefuͤhret/ ſondern auch ſeine Koͤnigreich und Fuͤr- ſtenthuͤmer mit ſolcher Weißheit und dexteritaͤt gubernirt, daß ſeine Unterthanen Jhn fuͤr einen Spiegel eines weiſen und ſorgfaͤltigen Regenten gehalten. Wann ich ein Politicus were/ und einem groſſen Herꝛn diente/ wolt ich rathen/ 1. daß keiner im gantzen Land ſolt Kauff- manſchafft treiben/ er habe dann in ſeiner Jugend ein Handwerck ge- lernet. Dann das Gluͤck iſt rund/ dem einen lauffts ins Hauß/ dem andern drauß. Und Kauffmansgut iſt wie Ebbe und Flut. Wann es nun einem Kauffmann mißlingt/ daß er Bancorot macht/ ſo leugt er und treugt/ und thut nichts anders/ als daß er and ere Leut umb das Zeitliche/ und ſich offtmals umb das Ewige bringt. Dann er hat ſonſt nichts anders gelernet/ damit er Weib und Kinder koͤnne erneh- ren. Zum andern/ wolt ich rathen/ daß keines gemeinẽ Mannes Sohn ſolle ſtudiren/ er lerne dann ein Handwerck darbey. Vorzeiten duͤrffte bey den alten Chaldaͤern/ Egyptiern und andern weiſen Voͤlckern niemand ſtudieren/ er ſey dann auß koͤniglichem oder anderm ho- hem Geſchlecht. Jetzo wil faſt eines jeden Bettlers Sohn ſtudiren/ und

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/101>, abgerufen am 23.11.2024.