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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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Platz finden können. Die Modegegenden der
Stadt habe ich oben angezeigt. In diesen fin-
det man mehr oder weniger geräumige Woh-
nungen, wöchentlich zu 20, 15, 12, 10 und
8 Kaisergulden, wie man dergleichen in den
unmodischen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und
7 haben kann. In den Häusern am rechten
Ufer der Töpel, der Wiese gegenüber, miethet
man sich selten ein; höchstens werden sie von
Juden besetzt. Eben so ist es mit demjenigen
Theile der Stadt, der nach dem Eger'schen
Thore zuliegt.

Wer sein Auge an Engländischen Hausrath
gewöhnt hat, findet in Karlsbad diesen Ge-
nuß nicht. Die Stühle, Tische und Ruheses-
sel sind von der gemeinsten Arbeit, und ge-
schmackvolle Gefäße, Fußteppiche und Schrän-
ke sieht man gar nicht. Anstatt der Kupfer-
stiche findet man nichts, als bunte Christkind-
chen, durchbohrte Herzen, zerfleischte heilige
Männer und Frauen, von Nonnen gemalt,
ausgeschnitten und mit Nadelstichen angegeben.

Fünftes Heft. F

Platz finden koͤnnen. Die Modegegenden der
Stadt habe ich oben angezeigt. In dieſen fin-
det man mehr oder weniger geraͤumige Woh-
nungen, woͤchentlich zu 20, 15, 12, 10 und
8 Kaiſergulden, wie man dergleichen in den
unmodiſchen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und
7 haben kann. In den Haͤuſern am rechten
Ufer der Toͤpel, der Wieſe gegenuͤber, miethet
man ſich ſelten ein; hoͤchſtens werden ſie von
Juden beſetzt. Eben ſo iſt es mit demjenigen
Theile der Stadt, der nach dem Eger'ſchen
Thore zuliegt.

Wer ſein Auge an Englaͤndiſchen Hausrath
gewoͤhnt hat, findet in Karlsbad dieſen Ge-
nuß nicht. Die Stuͤhle, Tiſche und Ruheſeſ-
ſel ſind von der gemeinſten Arbeit, und ge-
ſchmackvolle Gefaͤße, Fußteppiche und Schraͤn-
ke ſieht man gar nicht. Anſtatt der Kupfer-
ſtiche findet man nichts, als bunte Chriſtkind-
chen, durchbohrte Herzen, zerfleiſchte heilige
Maͤnner und Frauen, von Nonnen gemalt,
ausgeſchnitten und mit Nadelſtichen angegeben.

Fuͤnftes Heft. F
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[81/0089] Platz finden koͤnnen. Die Modegegenden der Stadt habe ich oben angezeigt. In dieſen fin- det man mehr oder weniger geraͤumige Woh- nungen, woͤchentlich zu 20, 15, 12, 10 und 8 Kaiſergulden, wie man dergleichen in den unmodiſchen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und 7 haben kann. In den Haͤuſern am rechten Ufer der Toͤpel, der Wieſe gegenuͤber, miethet man ſich ſelten ein; hoͤchſtens werden ſie von Juden beſetzt. Eben ſo iſt es mit demjenigen Theile der Stadt, der nach dem Eger'ſchen Thore zuliegt. Wer ſein Auge an Englaͤndiſchen Hausrath gewoͤhnt hat, findet in Karlsbad dieſen Ge- nuß nicht. Die Stuͤhle, Tiſche und Ruheſeſ- ſel ſind von der gemeinſten Arbeit, und ge- ſchmackvolle Gefaͤße, Fußteppiche und Schraͤn- ke ſieht man gar nicht. Anſtatt der Kupfer- ſtiche findet man nichts, als bunte Chriſtkind- chen, durchbohrte Herzen, zerfleiſchte heilige Maͤnner und Frauen, von Nonnen gemalt, ausgeſchnitten und mit Nadelſtichen angegeben. Fuͤnftes Heft. F

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/89>, abgerufen am 24.11.2024.