Platz finden können. Die Modegegenden der Stadt habe ich oben angezeigt. In diesen fin- det man mehr oder weniger geräumige Woh- nungen, wöchentlich zu 20, 15, 12, 10 und 8 Kaisergulden, wie man dergleichen in den unmodischen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und 7 haben kann. In den Häusern am rechten Ufer der Töpel, der Wiese gegenüber, miethet man sich selten ein; höchstens werden sie von Juden besetzt. Eben so ist es mit demjenigen Theile der Stadt, der nach dem Eger'schen Thore zuliegt.
Wer sein Auge an Engländischen Hausrath gewöhnt hat, findet in Karlsbad diesen Ge- nuß nicht. Die Stühle, Tische und Ruheses- sel sind von der gemeinsten Arbeit, und ge- schmackvolle Gefäße, Fußteppiche und Schrän- ke sieht man gar nicht. Anstatt der Kupfer- stiche findet man nichts, als bunte Christkind- chen, durchbohrte Herzen, zerfleischte heilige Männer und Frauen, von Nonnen gemalt, ausgeschnitten und mit Nadelstichen angegeben.
Fünftes Heft. F
Platz finden koͤnnen. Die Modegegenden der Stadt habe ich oben angezeigt. In dieſen fin- det man mehr oder weniger geraͤumige Woh- nungen, woͤchentlich zu 20, 15, 12, 10 und 8 Kaiſergulden, wie man dergleichen in den unmodiſchen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und 7 haben kann. In den Haͤuſern am rechten Ufer der Toͤpel, der Wieſe gegenuͤber, miethet man ſich ſelten ein; hoͤchſtens werden ſie von Juden beſetzt. Eben ſo iſt es mit demjenigen Theile der Stadt, der nach dem Eger'ſchen Thore zuliegt.
Wer ſein Auge an Englaͤndiſchen Hausrath gewoͤhnt hat, findet in Karlsbad dieſen Ge- nuß nicht. Die Stuͤhle, Tiſche und Ruheſeſ- ſel ſind von der gemeinſten Arbeit, und ge- ſchmackvolle Gefaͤße, Fußteppiche und Schraͤn- ke ſieht man gar nicht. Anſtatt der Kupfer- ſtiche findet man nichts, als bunte Chriſtkind- chen, durchbohrte Herzen, zerfleiſchte heilige Maͤnner und Frauen, von Nonnen gemalt, ausgeſchnitten und mit Nadelſtichen angegeben.
Fuͤnftes Heft. F
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0089"n="81"/>
Platz finden koͤnnen. Die Modegegenden der<lb/>
Stadt habe ich oben angezeigt. In dieſen fin-<lb/>
det man mehr oder weniger geraͤumige Woh-<lb/>
nungen, woͤchentlich zu 20, 15, 12, 10 und<lb/>
8 Kaiſergulden, wie man dergleichen in den<lb/>
unmodiſchen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und<lb/>
7 haben kann. In den Haͤuſern am rechten<lb/>
Ufer der Toͤpel, der Wieſe gegenuͤber, miethet<lb/>
man ſich ſelten ein; hoͤchſtens werden ſie von<lb/>
Juden beſetzt. Eben ſo iſt es mit demjenigen<lb/>
Theile der Stadt, der nach dem Eger'ſchen<lb/>
Thore zuliegt.</p><lb/><p>Wer ſein Auge an Englaͤndiſchen Hausrath<lb/>
gewoͤhnt hat, findet in Karlsbad dieſen Ge-<lb/>
nuß nicht. Die Stuͤhle, Tiſche und Ruheſeſ-<lb/>ſel ſind von der gemeinſten Arbeit, und ge-<lb/>ſchmackvolle Gefaͤße, Fußteppiche und Schraͤn-<lb/>
ke ſieht man gar nicht. Anſtatt der Kupfer-<lb/>ſtiche findet man nichts, als bunte Chriſtkind-<lb/>
chen, durchbohrte Herzen, zerfleiſchte heilige<lb/>
Maͤnner und Frauen, von Nonnen gemalt,<lb/>
ausgeſchnitten und mit Nadelſtichen angegeben.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Fuͤnftes Heft. F</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[81/0089]
Platz finden koͤnnen. Die Modegegenden der
Stadt habe ich oben angezeigt. In dieſen fin-
det man mehr oder weniger geraͤumige Woh-
nungen, woͤchentlich zu 20, 15, 12, 10 und
8 Kaiſergulden, wie man dergleichen in den
unmodiſchen oder gemeinen, zu 2, 4, 5, 6 und
7 haben kann. In den Haͤuſern am rechten
Ufer der Toͤpel, der Wieſe gegenuͤber, miethet
man ſich ſelten ein; hoͤchſtens werden ſie von
Juden beſetzt. Eben ſo iſt es mit demjenigen
Theile der Stadt, der nach dem Eger'ſchen
Thore zuliegt.
Wer ſein Auge an Englaͤndiſchen Hausrath
gewoͤhnt hat, findet in Karlsbad dieſen Ge-
nuß nicht. Die Stuͤhle, Tiſche und Ruheſeſ-
ſel ſind von der gemeinſten Arbeit, und ge-
ſchmackvolle Gefaͤße, Fußteppiche und Schraͤn-
ke ſieht man gar nicht. Anſtatt der Kupfer-
ſtiche findet man nichts, als bunte Chriſtkind-
chen, durchbohrte Herzen, zerfleiſchte heilige
Maͤnner und Frauen, von Nonnen gemalt,
ausgeſchnitten und mit Nadelſtichen angegeben.
Fuͤnftes Heft. F
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/89>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.