Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Im Ganzen sind ihre Arbeiten mit Fleiß, aber
nicht immer mit Geschmack gemacht, besonders
in Absicht der Form, die ziemlich schwerfällig
zu seyn pflegt, und der Verzierung, die eine
plumpe Schnörkeley ist. An diesen beyden
Stücken erkennt man die Karlsbader hieher
gehörigen Waaren, wie man die Nürnbergi-
schen an ihrem eigenthümlichen Geist erkennt.
Man vermißt bey ihnen, wie bey den deut-
schen, italiänischen und spanischen Handwer-
kern überhaupt, den Geist der Verfeinerung
und Erfindung, den die engländischen und
französischen in so hohem Grade besitzen, und
den die erstern noch mit dem Geist der Vol-
lendung, dem Triumph aller ihrer Manufak-
tur- und Fabrikwaaren, verbinden.

Da die Künste und Handwerke einer Stadt
keinen unverwerflichen Maßstab von dem Ver-
trieb, Bedarf, Genuß und sogar von dem Cha-
rakter ihrer Einwohner abgeben, so erlaube
man mir, noch anzumerken, daß in Karlsbad
nur Ein Apotheker aber dreyzehn Bäcker, nur

E 2

Im Ganzen ſind ihre Arbeiten mit Fleiß, aber
nicht immer mit Geſchmack gemacht, beſonders
in Abſicht der Form, die ziemlich ſchwerfaͤllig
zu ſeyn pflegt, und der Verzierung, die eine
plumpe Schnoͤrkeley iſt. An dieſen beyden
Stuͤcken erkennt man die Karlsbader hieher
gehoͤrigen Waaren, wie man die Nuͤrnbergi-
ſchen an ihrem eigenthuͤmlichen Geiſt erkennt.
Man vermißt bey ihnen, wie bey den deut-
ſchen, italiaͤniſchen und ſpaniſchen Handwer-
kern uͤberhaupt, den Geiſt der Verfeinerung
und Erfindung, den die englaͤndiſchen und
franzoͤſiſchen in ſo hohem Grade beſitzen, und
den die erſtern noch mit dem Geiſt der Vol-
lendung, dem Triumph aller ihrer Manufak-
tur- und Fabrikwaaren, verbinden.

Da die Kuͤnſte und Handwerke einer Stadt
keinen unverwerflichen Maßſtab von dem Ver-
trieb, Bedarf, Genuß und ſogar von dem Cha-
rakter ihrer Einwohner abgeben, ſo erlaube
man mir, noch anzumerken, daß in Karlsbad
nur Ein Apotheker aber dreyzehn Baͤcker, nur

E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0075" n="67"/>
Im Ganzen &#x017F;ind ihre Arbeiten mit Fleiß, aber<lb/>
nicht immer mit Ge&#x017F;chmack gemacht, be&#x017F;onders<lb/>
in Ab&#x017F;icht der Form, die ziemlich &#x017F;chwerfa&#x0364;llig<lb/>
zu &#x017F;eyn pflegt, und der Verzierung, die eine<lb/>
plumpe Schno&#x0364;rkeley i&#x017F;t. An die&#x017F;en beyden<lb/>
Stu&#x0364;cken erkennt man die Karlsbader hieher<lb/>
geho&#x0364;rigen Waaren, wie man die Nu&#x0364;rnbergi-<lb/>
&#x017F;chen an ihrem eigenthu&#x0364;mlichen Gei&#x017F;t erkennt.<lb/>
Man vermißt bey ihnen, wie bey den deut-<lb/>
&#x017F;chen, italia&#x0364;ni&#x017F;chen und &#x017F;pani&#x017F;chen Handwer-<lb/>
kern u&#x0364;berhaupt, den Gei&#x017F;t der Verfeinerung<lb/>
und Erfindung, den die engla&#x0364;ndi&#x017F;chen und<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen in &#x017F;o hohem Grade be&#x017F;itzen, und<lb/>
den die er&#x017F;tern noch mit dem Gei&#x017F;t der Vol-<lb/>
lendung, dem Triumph aller ihrer Manufak-<lb/>
tur- und Fabrikwaaren, verbinden.</p><lb/>
              <p>Da die Ku&#x0364;n&#x017F;te und Handwerke einer Stadt<lb/>
keinen unverwerflichen Maß&#x017F;tab von dem Ver-<lb/>
trieb, Bedarf, Genuß und &#x017F;ogar von dem Cha-<lb/>
rakter ihrer Einwohner abgeben, &#x017F;o erlaube<lb/>
man mir, noch anzumerken, daß in Karlsbad<lb/>
nur Ein Apotheker aber dreyzehn Ba&#x0364;cker, nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0075] Im Ganzen ſind ihre Arbeiten mit Fleiß, aber nicht immer mit Geſchmack gemacht, beſonders in Abſicht der Form, die ziemlich ſchwerfaͤllig zu ſeyn pflegt, und der Verzierung, die eine plumpe Schnoͤrkeley iſt. An dieſen beyden Stuͤcken erkennt man die Karlsbader hieher gehoͤrigen Waaren, wie man die Nuͤrnbergi- ſchen an ihrem eigenthuͤmlichen Geiſt erkennt. Man vermißt bey ihnen, wie bey den deut- ſchen, italiaͤniſchen und ſpaniſchen Handwer- kern uͤberhaupt, den Geiſt der Verfeinerung und Erfindung, den die englaͤndiſchen und franzoͤſiſchen in ſo hohem Grade beſitzen, und den die erſtern noch mit dem Geiſt der Vol- lendung, dem Triumph aller ihrer Manufak- tur- und Fabrikwaaren, verbinden. Da die Kuͤnſte und Handwerke einer Stadt keinen unverwerflichen Maßſtab von dem Ver- trieb, Bedarf, Genuß und ſogar von dem Cha- rakter ihrer Einwohner abgeben, ſo erlaube man mir, noch anzumerken, daß in Karlsbad nur Ein Apotheker aber dreyzehn Baͤcker, nur E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/75
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/75>, abgerufen am 22.11.2024.