Begriffe dieser Art, unter Joseph, von man- chen Predigern selbst waren unterhalten wor- den, so hat man diese von den Kanzeln weg- genommen, um so sorgfältiger, da sie von dem Volke für geschickte, denkende und rüh- rende Redner gehalten wurden. Die Früchte ihrer Lehren, so wie der freyen Leserey über- haupt, zeigten sich aber dennoch bald nachher, als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen wurde, wo auch der ganze Magistrat der Stadt erschien, von der Bürgerschaft aber nur ein aussrordentlich kleiner Theil sich einfand.
Der Umtrieb der Wissenschaften ist nicht mehr so lebhaft, als unter Joseph und noch unter Leopold. Unter ersterem hatte die Presse und das Katheder die möglichste Freyheit. Die Büchlschreiber verbreiteten sich damals über jeden Gegenstand, die Lehrer der hohen Schule sprachen freymüthig aus ihren Fächern, die Buchhändler brachten Bücher aller Art nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes Buch nach und setzten es dadurch mehr in
Begriffe dieſer Art, unter Joſeph, von man- chen Predigern ſelbſt waren unterhalten wor- den, ſo hat man dieſe von den Kanzeln weg- genommen, um ſo ſorgfaͤltiger, da ſie von dem Volke fuͤr geſchickte, denkende und ruͤh- rende Redner gehalten wurden. Die Fruͤchte ihrer Lehren, ſo wie der freyen Leſerey uͤber- haupt, zeigten ſich aber dennoch bald nachher, als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen wurde, wo auch der ganze Magiſtrat der Stadt erſchien, von der Buͤrgerſchaft aber nur ein auſſrordentlich kleiner Theil ſich einfand.
Der Umtrieb der Wiſſenſchaften iſt nicht mehr ſo lebhaft, als unter Joſeph und noch unter Leopold. Unter erſterem hatte die Preſſe und das Katheder die moͤglichſte Freyheit. Die Buͤchlſchreiber verbreiteten ſich damals uͤber jeden Gegenſtand, die Lehrer der hohen Schule ſprachen freymuͤthig aus ihren Faͤchern, die Buchhaͤndler brachten Buͤcher aller Art nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes Buch nach und ſetzten es dadurch mehr in
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0507"n="235"/>
Begriffe dieſer Art, unter Joſeph, von man-<lb/>
chen Predigern ſelbſt waren unterhalten wor-<lb/>
den, ſo hat man dieſe von den Kanzeln weg-<lb/>
genommen, um ſo ſorgfaͤltiger, da ſie von<lb/>
dem Volke fuͤr geſchickte, denkende und ruͤh-<lb/>
rende Redner gehalten wurden. Die Fruͤchte<lb/>
ihrer Lehren, ſo wie der freyen Leſerey uͤber-<lb/>
haupt, zeigten ſich aber dennoch bald nachher,<lb/>
als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen<lb/>
wurde, wo auch der ganze Magiſtrat der Stadt<lb/>
erſchien, von der Buͤrgerſchaft aber nur ein<lb/>
auſſrordentlich kleiner Theil ſich einfand.</p><lb/><p>Der Umtrieb der Wiſſenſchaften iſt nicht<lb/>
mehr ſo lebhaft, als unter Joſeph und noch<lb/>
unter Leopold. Unter erſterem hatte die Preſſe<lb/>
und das Katheder die moͤglichſte Freyheit. Die<lb/><hirendition="#g">Buͤchlſchreiber</hi> verbreiteten ſich damals<lb/>
uͤber jeden Gegenſtand, die Lehrer der hohen<lb/>
Schule ſprachen freymuͤthig aus ihren Faͤchern,<lb/>
die Buchhaͤndler brachten Buͤcher aller Art<lb/>
nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes<lb/>
Buch nach und ſetzten es dadurch mehr in<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[235/0507]
Begriffe dieſer Art, unter Joſeph, von man-
chen Predigern ſelbſt waren unterhalten wor-
den, ſo hat man dieſe von den Kanzeln weg-
genommen, um ſo ſorgfaͤltiger, da ſie von
dem Volke fuͤr geſchickte, denkende und ruͤh-
rende Redner gehalten wurden. Die Fruͤchte
ihrer Lehren, ſo wie der freyen Leſerey uͤber-
haupt, zeigten ſich aber dennoch bald nachher,
als ein großer feyerlicher Bittgang anbefohlen
wurde, wo auch der ganze Magiſtrat der Stadt
erſchien, von der Buͤrgerſchaft aber nur ein
auſſrordentlich kleiner Theil ſich einfand.
Der Umtrieb der Wiſſenſchaften iſt nicht
mehr ſo lebhaft, als unter Joſeph und noch
unter Leopold. Unter erſterem hatte die Preſſe
und das Katheder die moͤglichſte Freyheit. Die
Buͤchlſchreiber verbreiteten ſich damals
uͤber jeden Gegenſtand, die Lehrer der hohen
Schule ſprachen freymuͤthig aus ihren Faͤchern,
die Buchhaͤndler brachten Buͤcher aller Art
nach Wien, die Nachdrucker druckten jedes
Buch nach und ſetzten es dadurch mehr in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/507>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.