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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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sie auch freygebig auf die Zuthaten verwenden,
so sind sie beständig zugleich fein und geschmack-
voll gekleidet. Dies geht bis in die geringern
Klassen hinunter; und ich bekenne, keine Stadt
gesehen zu haben, in welcher die weiblichen
Dienstboten so sorgfältig, so zierlich in ihrer
Art, ja sogar so reich gekleidet gingen. Leipzig,
Dresden, Breslau und München kommen in
diesem Punkt Wien nahe, aber mehr in Rück-
sicht der Sauberkeit, als der Feinheit der
Zeuge, die diese Gattung zu ihrem Anzuge
wählt.

Trotz dem Hasse der schönen Wienerinnen
gegen die Franzosen, ahmen sie doch zuweilen
die republikanischen Moden nach, wie es z.
B. mit dem Kopfputz "a la Guillotine,"
der Fall war. Man hat bemerkt, daß die
Schwestern der bekannten Frey (Schönfeld)
gerade um die Zeit diesen Kopfputz trugen,
als ihre Brüder in Wien guillotinirt wurden.

Eine andre Veränderung, die ich bemerkt
habe, ist mir sehr aufgefallen. Die gebornen

ſie auch freygebig auf die Zuthaten verwenden,
ſo ſind ſie beſtaͤndig zugleich fein und geſchmack-
voll gekleidet. Dies geht bis in die geringern
Klaſſen hinunter; und ich bekenne, keine Stadt
geſehen zu haben, in welcher die weiblichen
Dienſtboten ſo ſorgfaͤltig, ſo zierlich in ihrer
Art, ja ſogar ſo reich gekleidet gingen. Leipzig,
Dresden, Breslau und Muͤnchen kommen in
dieſem Punkt Wien nahe, aber mehr in Ruͤck-
ſicht der Sauberkeit, als der Feinheit der
Zeuge, die dieſe Gattung zu ihrem Anzuge
waͤhlt.

Trotz dem Haſſe der ſchoͤnen Wienerinnen
gegen die Franzoſen, ahmen ſie doch zuweilen
die republikaniſchen Moden nach, wie es z.
B. mit dem Kopfputz „à la Guillotine,“
der Fall war. Man hat bemerkt, daß die
Schweſtern der bekannten Frey (Schoͤnfeld)
gerade um die Zeit dieſen Kopfputz trugen,
als ihre Bruͤder in Wien guillotinirt wurden.

Eine andre Veraͤnderung, die ich bemerkt
habe, iſt mir ſehr aufgefallen. Die gebornen

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[232/0504] ſie auch freygebig auf die Zuthaten verwenden, ſo ſind ſie beſtaͤndig zugleich fein und geſchmack- voll gekleidet. Dies geht bis in die geringern Klaſſen hinunter; und ich bekenne, keine Stadt geſehen zu haben, in welcher die weiblichen Dienſtboten ſo ſorgfaͤltig, ſo zierlich in ihrer Art, ja ſogar ſo reich gekleidet gingen. Leipzig, Dresden, Breslau und Muͤnchen kommen in dieſem Punkt Wien nahe, aber mehr in Ruͤck- ſicht der Sauberkeit, als der Feinheit der Zeuge, die dieſe Gattung zu ihrem Anzuge waͤhlt. Trotz dem Haſſe der ſchoͤnen Wienerinnen gegen die Franzoſen, ahmen ſie doch zuweilen die republikaniſchen Moden nach, wie es z. B. mit dem Kopfputz „à la Guillotine,“ der Fall war. Man hat bemerkt, daß die Schweſtern der bekannten Frey (Schoͤnfeld) gerade um die Zeit dieſen Kopfputz trugen, als ihre Bruͤder in Wien guillotinirt wurden. Eine andre Veraͤnderung, die ich bemerkt habe, iſt mir ſehr aufgefallen. Die gebornen

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/504>, abgerufen am 17.05.2024.