Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Wohlleben befördern, wie Kaffee- Trink- und
Speisehäuser und Weinkeller; die sinnlichen
Vergnügungen zum Zweck haben, wie Thea-
ter, Tanzsäle, Spektakel aller Art, mit einem
Worte: die Leute, die für den mannigfaltigen
sinnlichen Genuß arbeiten, finden nicht minder
zahlreichen Zuspruch, als die, welche mit den
unentbehrlichsten Dingen Verkehr treiben. Diese
verzehren dann auch, in ihrer Art, den Er-
werb, der ihnen so freygebig zugetragen wird,
in gleicher Fröhligkeit und Ueppigkeit.

Aus diesem Umstande erklärt es sich men-
schenfreundlicher, warum die Wiener solch ei-
nen ausgezeichneten Hang zum Luxus und zum
Wohlleben haben, als aus einer rohen Prunk-
sucht und einer thierischen Verschlingungsgier,
die man ihnen so oft Schuld gegeben hat.
Sie haben, sich zu kleiden, sie haben, um zu
schmausen. Ihre Stadt liegt in der Mitte
fetter Landschaften, die alle Eßwaaren in vor-
züglicher Güte hervorbringen, in Menge her-
zuschaffen und wohlfeil hergeben. Die mensch-

Wohlleben befoͤrdern, wie Kaffee- Trink- und
Speiſehaͤuſer und Weinkeller; die ſinnlichen
Vergnuͤgungen zum Zweck haben, wie Thea-
ter, Tanzſaͤle, Spektakel aller Art, mit einem
Worte: die Leute, die fuͤr den mannigfaltigen
ſinnlichen Genuß arbeiten, finden nicht minder
zahlreichen Zuſpruch, als die, welche mit den
unentbehrlichſten Dingen Verkehr treiben. Dieſe
verzehren dann auch, in ihrer Art, den Er-
werb, der ihnen ſo freygebig zugetragen wird,
in gleicher Froͤhligkeit und Ueppigkeit.

Aus dieſem Umſtande erklaͤrt es ſich men-
ſchenfreundlicher, warum die Wiener ſolch ei-
nen ausgezeichneten Hang zum Luxus und zum
Wohlleben haben, als aus einer rohen Prunk-
ſucht und einer thieriſchen Verſchlingungsgier,
die man ihnen ſo oft Schuld gegeben hat.
Sie haben, ſich zu kleiden, ſie haben, um zu
ſchmauſen. Ihre Stadt liegt in der Mitte
fetter Landſchaften, die alle Eßwaaren in vor-
zuͤglicher Guͤte hervorbringen, in Menge her-
zuſchaffen und wohlfeil hergeben. Die menſch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0459" n="187"/>
Wohlleben befo&#x0364;rdern, wie Kaffee- Trink- und<lb/>
Spei&#x017F;eha&#x0364;u&#x017F;er und Weinkeller; die &#x017F;innlichen<lb/>
Vergnu&#x0364;gungen zum Zweck haben, wie Thea-<lb/>
ter, Tanz&#x017F;a&#x0364;le, Spektakel aller Art, mit einem<lb/>
Worte: die Leute, die fu&#x0364;r den mannigfaltigen<lb/>
&#x017F;innlichen Genuß arbeiten, finden nicht minder<lb/>
zahlreichen Zu&#x017F;pruch, als die, welche mit den<lb/>
unentbehrlich&#x017F;ten Dingen Verkehr treiben. Die&#x017F;e<lb/>
verzehren dann auch, in ihrer Art, den Er-<lb/>
werb, der ihnen &#x017F;o freygebig zugetragen wird,<lb/>
in gleicher Fro&#x0364;hligkeit und Ueppigkeit.</p><lb/>
              <p>Aus die&#x017F;em Um&#x017F;tande erkla&#x0364;rt es &#x017F;ich men-<lb/>
&#x017F;chenfreundlicher, warum die Wiener &#x017F;olch ei-<lb/>
nen ausgezeichneten Hang zum Luxus und zum<lb/>
Wohlleben haben, als aus einer rohen Prunk-<lb/>
&#x017F;ucht und einer thieri&#x017F;chen Ver&#x017F;chlingungsgier,<lb/>
die man ihnen &#x017F;o oft Schuld gegeben hat.<lb/>
Sie haben, &#x017F;ich zu kleiden, &#x017F;ie haben, um zu<lb/>
&#x017F;chmau&#x017F;en. Ihre Stadt liegt in der Mitte<lb/>
fetter Land&#x017F;chaften, die alle Eßwaaren in vor-<lb/>
zu&#x0364;glicher Gu&#x0364;te hervorbringen, in Menge her-<lb/>
zu&#x017F;chaffen und wohlfeil hergeben. Die men&#x017F;ch-<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0459] Wohlleben befoͤrdern, wie Kaffee- Trink- und Speiſehaͤuſer und Weinkeller; die ſinnlichen Vergnuͤgungen zum Zweck haben, wie Thea- ter, Tanzſaͤle, Spektakel aller Art, mit einem Worte: die Leute, die fuͤr den mannigfaltigen ſinnlichen Genuß arbeiten, finden nicht minder zahlreichen Zuſpruch, als die, welche mit den unentbehrlichſten Dingen Verkehr treiben. Dieſe verzehren dann auch, in ihrer Art, den Er- werb, der ihnen ſo freygebig zugetragen wird, in gleicher Froͤhligkeit und Ueppigkeit. Aus dieſem Umſtande erklaͤrt es ſich men- ſchenfreundlicher, warum die Wiener ſolch ei- nen ausgezeichneten Hang zum Luxus und zum Wohlleben haben, als aus einer rohen Prunk- ſucht und einer thieriſchen Verſchlingungsgier, die man ihnen ſo oft Schuld gegeben hat. Sie haben, ſich zu kleiden, ſie haben, um zu ſchmauſen. Ihre Stadt liegt in der Mitte fetter Landſchaften, die alle Eßwaaren in vor- zuͤglicher Guͤte hervorbringen, in Menge her- zuſchaffen und wohlfeil hergeben. Die menſch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/459
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/459>, abgerufen am 23.11.2024.