Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

im Jahre 1770 die ersten Häuser erhalten.
Seit ungefähr acht oder zehn Jahren aber,
hat der Baugeist sich aus den Vorstädten mehr
nach der Stadt selbst zurück gezogen. Als Jo-
seph der Zweyte
die Regierung antrat,
machte er durch ausgezeichnete Ermunterungen
den Eifer rege, Manufakturen und Fabriken
anzulegen. Man wählte, aus guten Gründen,
die entferntesten Gegenden der Vorstädte zur
Erbauung der dazu nöthigen Anlagen. Mit
Joseph hatten diese Begünstigungen ein Ende;
viele Unternehmer, die an sich schon nicht
glücklich gerechnet hatten, gaben ihre Arbeiten
auf; neue fanden sich nicht; die weitläuftigen
Gebäude standen zum Theil leer; Kapitalisten,
die es bloß auf Miethzins anlegten, baueten
näher an der Stadt, oder in der Stadt selbst,
wenn sich Platz aufthat. So ist es jetzt noch,
doch hört der Bau in den Vorstädten darum
nicht ganz auf; und wenn vor dreyßig bis
vierzig Jahren hier die Quadratklafter Bau-
grund zwey oder drey Gulden kostete, so muß

L 2

im Jahre 1770 die erſten Haͤuſer erhalten.
Seit ungefaͤhr acht oder zehn Jahren aber,
hat der Baugeiſt ſich aus den Vorſtaͤdten mehr
nach der Stadt ſelbſt zuruͤck gezogen. Als Jo-
ſeph der Zweyte
die Regierung antrat,
machte er durch ausgezeichnete Ermunterungen
den Eifer rege, Manufakturen und Fabriken
anzulegen. Man waͤhlte, aus guten Gruͤnden,
die entfernteſten Gegenden der Vorſtaͤdte zur
Erbauung der dazu noͤthigen Anlagen. Mit
Joſeph hatten dieſe Beguͤnſtigungen ein Ende;
viele Unternehmer, die an ſich ſchon nicht
gluͤcklich gerechnet hatten, gaben ihre Arbeiten
auf; neue fanden ſich nicht; die weitlaͤuftigen
Gebaͤude ſtanden zum Theil leer; Kapitaliſten,
die es bloß auf Miethzins anlegten, baueten
naͤher an der Stadt, oder in der Stadt ſelbſt,
wenn ſich Platz aufthat. So iſt es jetzt noch,
doch hoͤrt der Bau in den Vorſtaͤdten darum
nicht ganz auf; und wenn vor dreyßig bis
vierzig Jahren hier die Quadratklafter Bau-
grund zwey oder drey Gulden koſtete, ſo muß

L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0435" n="163"/>
im Jahre 1770 die er&#x017F;ten Ha&#x0364;u&#x017F;er erhalten.<lb/>
Seit ungefa&#x0364;hr acht oder zehn Jahren aber,<lb/>
hat der Baugei&#x017F;t &#x017F;ich aus den Vor&#x017F;ta&#x0364;dten mehr<lb/>
nach der Stadt &#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;ck gezogen. Als <hi rendition="#g">Jo-<lb/>
&#x017F;eph der Zweyte</hi> die Regierung antrat,<lb/>
machte er durch ausgezeichnete Ermunterungen<lb/>
den Eifer rege, Manufakturen und Fabriken<lb/>
anzulegen. Man wa&#x0364;hlte, aus guten Gru&#x0364;nden,<lb/>
die entfernte&#x017F;ten Gegenden der Vor&#x017F;ta&#x0364;dte zur<lb/>
Erbauung der dazu no&#x0364;thigen Anlagen. Mit<lb/>
Jo&#x017F;eph hatten die&#x017F;e Begu&#x0364;n&#x017F;tigungen ein Ende;<lb/>
viele Unternehmer, die an &#x017F;ich &#x017F;chon nicht<lb/>
glu&#x0364;cklich gerechnet hatten, gaben ihre Arbeiten<lb/>
auf; neue fanden &#x017F;ich nicht; die weitla&#x0364;uftigen<lb/>
Geba&#x0364;ude &#x017F;tanden zum Theil leer; Kapitali&#x017F;ten,<lb/>
die es bloß auf Miethzins anlegten, baueten<lb/>
na&#x0364;her an der Stadt, oder in der Stadt &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
wenn &#x017F;ich Platz aufthat. So i&#x017F;t es jetzt noch,<lb/>
doch ho&#x0364;rt der Bau in den Vor&#x017F;ta&#x0364;dten darum<lb/>
nicht ganz auf; und wenn vor dreyßig bis<lb/>
vierzig Jahren hier die Quadratklafter Bau-<lb/>
grund zwey oder drey Gulden ko&#x017F;tete, &#x017F;o muß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0435] im Jahre 1770 die erſten Haͤuſer erhalten. Seit ungefaͤhr acht oder zehn Jahren aber, hat der Baugeiſt ſich aus den Vorſtaͤdten mehr nach der Stadt ſelbſt zuruͤck gezogen. Als Jo- ſeph der Zweyte die Regierung antrat, machte er durch ausgezeichnete Ermunterungen den Eifer rege, Manufakturen und Fabriken anzulegen. Man waͤhlte, aus guten Gruͤnden, die entfernteſten Gegenden der Vorſtaͤdte zur Erbauung der dazu noͤthigen Anlagen. Mit Joſeph hatten dieſe Beguͤnſtigungen ein Ende; viele Unternehmer, die an ſich ſchon nicht gluͤcklich gerechnet hatten, gaben ihre Arbeiten auf; neue fanden ſich nicht; die weitlaͤuftigen Gebaͤude ſtanden zum Theil leer; Kapitaliſten, die es bloß auf Miethzins anlegten, baueten naͤher an der Stadt, oder in der Stadt ſelbſt, wenn ſich Platz aufthat. So iſt es jetzt noch, doch hoͤrt der Bau in den Vorſtaͤdten darum nicht ganz auf; und wenn vor dreyßig bis vierzig Jahren hier die Quadratklafter Bau- grund zwey oder drey Gulden koſtete, ſo muß L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/435
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/435>, abgerufen am 10.05.2024.