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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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auch die Häuser mit dem Schlage Zehn zuge-
macht und nirgend sorgfältiger geschlossen ge-
halten, als in Wien.

Das Aeußere der neuern, oder neubearbei-
teten Häuser ist sehr in die Augen fallend.
Die Fenster sind, der engen Straßen wegen,
im Durchschnitt hoch und mit großen Glas-
scheiben versehen. Ihre Einfassungen sind von
Stein, oder auch von Gyps, und in Wände
mehrentheils gelblich abgeputzt. Manche Stra-
ßen und Plätze sind mir seit 1784 und 1785,
wo ich zuerst in Wien war, fast unkenntlich
geworden. Klostergebiete sind die schöne Rei-
hen von Privathäusern; Plätze, an welche
die hohe Mauer eines Nonnenzwingers stieß,
in Straßen verwandelt. Seit Aufhebung der
Klöster ist eine ganz neue Gattung von Ge-
schäftsleuten in Wien erstanden: die Bauun-
ternehmer
, die zum Theil sehr reich gewor-
den sind. Sie kaufen Klostergebiete, Plätze,
die mit alten Häusern besetzt sind, oder ein-
zelne baufällige Häuser an, lassen sie abtragen,

auch die Haͤuſer mit dem Schlage Zehn zuge-
macht und nirgend ſorgfaͤltiger geſchloſſen ge-
halten, als in Wien.

Das Aeußere der neuern, oder neubearbei-
teten Haͤuſer iſt ſehr in die Augen fallend.
Die Fenſter ſind, der engen Straßen wegen,
im Durchſchnitt hoch und mit großen Glas-
ſcheiben verſehen. Ihre Einfaſſungen ſind von
Stein, oder auch von Gyps, und in Waͤnde
mehrentheils gelblich abgeputzt. Manche Stra-
ßen und Plaͤtze ſind mir ſeit 1784 und 1785,
wo ich zuerſt in Wien war, faſt unkenntlich
geworden. Kloſtergebiete ſind die ſchoͤne Rei-
hen von Privathaͤuſern; Plaͤtze, an welche
die hohe Mauer eines Nonnenzwingers ſtieß,
in Straßen verwandelt. Seit Aufhebung der
Kloͤſter iſt eine ganz neue Gattung von Ge-
ſchaͤftsleuten in Wien erſtanden: die Bauun-
ternehmer
, die zum Theil ſehr reich gewor-
den ſind. Sie kaufen Kloſtergebiete, Plaͤtze,
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[150/0422] auch die Haͤuſer mit dem Schlage Zehn zuge- macht und nirgend ſorgfaͤltiger geſchloſſen ge- halten, als in Wien. Das Aeußere der neuern, oder neubearbei- teten Haͤuſer iſt ſehr in die Augen fallend. Die Fenſter ſind, der engen Straßen wegen, im Durchſchnitt hoch und mit großen Glas- ſcheiben verſehen. Ihre Einfaſſungen ſind von Stein, oder auch von Gyps, und in Waͤnde mehrentheils gelblich abgeputzt. Manche Stra- ßen und Plaͤtze ſind mir ſeit 1784 und 1785, wo ich zuerſt in Wien war, faſt unkenntlich geworden. Kloſtergebiete ſind die ſchoͤne Rei- hen von Privathaͤuſern; Plaͤtze, an welche die hohe Mauer eines Nonnenzwingers ſtieß, in Straßen verwandelt. Seit Aufhebung der Kloͤſter iſt eine ganz neue Gattung von Ge- ſchaͤftsleuten in Wien erſtanden: die Bauun- ternehmer, die zum Theil ſehr reich gewor- den ſind. Sie kaufen Kloſtergebiete, Plaͤtze, die mit alten Haͤuſern beſetzt ſind, oder ein- zelne baufaͤllige Haͤuſer an, laſſen ſie abtragen,

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/422>, abgerufen am 25.11.2024.