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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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Der Bergmeister hatte unterdessen einige
kleine Anstalten getroffen, um die Reise für
uns noch anziehender zu machen. Er hatte
von Strecke zu Strecke einen Bergknappen
gestellt, der irgend eine besondere Bergarbeit
thun mußte. Einer trieb den Stollen weiter,
ein anderer fuhr auf seinem Hunde das Erd-
reich zu Tage, ein dritter besserte an der
Röhre, welche die Sohle ausführte u. s. w.
Auf einmal stand er mit uns am Abhange ei-
nes tiefen Schlundes still, den unsre Kerzen
nur auf ein paar Fuß hinab erleuchteten. Hier
müssen wir hinein! sagte er; und obgleich un-
sre Frauenzimmer sich ängstlich erkundigten, ob
wir nicht auf einem andern Wege dahin kom-
men könnten, wohin wir wollten, achtete er
doch nicht darauf und versicherte: es sey kein
anderer Weg.

Sogleich setzte er sich auf sein Schurzfell
nieder. Unter sich hatte er zwey runde, ge-
schälte, glatte Bäume, die parallel und schräg
in den fürchterlichen Schlund hinab liefen. Ne-

Der Bergmeiſter hatte unterdeſſen einige
kleine Anſtalten getroffen, um die Reiſe fuͤr
uns noch anziehender zu machen. Er hatte
von Strecke zu Strecke einen Bergknappen
geſtellt, der irgend eine beſondere Bergarbeit
thun mußte. Einer trieb den Stollen weiter,
ein anderer fuhr auf ſeinem Hunde das Erd-
reich zu Tage, ein dritter beſſerte an der
Roͤhre, welche die Sohle ausfuͤhrte u. ſ. w.
Auf einmal ſtand er mit uns am Abhange ei-
nes tiefen Schlundes ſtill, den unſre Kerzen
nur auf ein paar Fuß hinab erleuchteten. Hier
muͤſſen wir hinein! ſagte er; und obgleich un-
ſre Frauenzimmer ſich aͤngſtlich erkundigten, ob
wir nicht auf einem andern Wege dahin kom-
men koͤnnten, wohin wir wollten, achtete er
doch nicht darauf und verſicherte: es ſey kein
anderer Weg.

Sogleich ſetzte er ſich auf ſein Schurzfell
nieder. Unter ſich hatte er zwey runde, ge-
ſchaͤlte, glatte Baͤume, die parallel und ſchraͤg
in den fuͤrchterlichen Schlund hinab liefen. Ne-

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[114/0386] Der Bergmeiſter hatte unterdeſſen einige kleine Anſtalten getroffen, um die Reiſe fuͤr uns noch anziehender zu machen. Er hatte von Strecke zu Strecke einen Bergknappen geſtellt, der irgend eine beſondere Bergarbeit thun mußte. Einer trieb den Stollen weiter, ein anderer fuhr auf ſeinem Hunde das Erd- reich zu Tage, ein dritter beſſerte an der Roͤhre, welche die Sohle ausfuͤhrte u. ſ. w. Auf einmal ſtand er mit uns am Abhange ei- nes tiefen Schlundes ſtill, den unſre Kerzen nur auf ein paar Fuß hinab erleuchteten. Hier muͤſſen wir hinein! ſagte er; und obgleich un- ſre Frauenzimmer ſich aͤngſtlich erkundigten, ob wir nicht auf einem andern Wege dahin kom- men koͤnnten, wohin wir wollten, achtete er doch nicht darauf und verſicherte: es ſey kein anderer Weg. Sogleich ſetzte er ſich auf ſein Schurzfell nieder. Unter ſich hatte er zwey runde, ge- ſchaͤlte, glatte Baͤume, die parallel und ſchraͤg in den fuͤrchterlichen Schlund hinab liefen. Ne-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/386>, abgerufen am 13.05.2024.