Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

gangen. Die vierte Gattung, die Gemäßigte,
die jedes Ding mit seinem eigenen Maßstabe
zu messen, sich kein Ideal zu machen, sondern
die Sachen so zu nehmen pflegt, wie sie, alle
Umstände wohl erwogen, seyn können und
müssen: diese Gattung hat aus den Berichten
der drei übrigen, mit nöthiger Vergleichung
und Abrechnung, ihre Begriffe und Kenntnisse
von dem Lande und dem Volke der Bayern,
längst geordnet, und kann der Winke eines
Durchreisenden vollkommen entbehren.

Den 25sten des Julius reis'te ich von
München aus auf Salzburg. Der Weg ist
gemacht und eben so gut wie der, der mich
nach München hineinführte; auch wäre es eine
Schande, wenn er schlecht wäre, da auf bei-
den Seiteu der Baustoff unter der Hand liegt.
Aber, was den Weg gut macht, macht den
Ackerboden schlecht. Das Getraide stand auf
diesem Schutte höchst dünne, klein und
mager.

gangen. Die vierte Gattung, die Gemaͤßigte,
die jedes Ding mit ſeinem eigenen Maßſtabe
zu meſſen, ſich kein Ideal zu machen, ſondern
die Sachen ſo zu nehmen pflegt, wie ſie, alle
Umſtaͤnde wohl erwogen, ſeyn koͤnnen und
muͤſſen: dieſe Gattung hat aus den Berichten
der drei uͤbrigen, mit noͤthiger Vergleichung
und Abrechnung, ihre Begriffe und Kenntniſſe
von dem Lande und dem Volke der Bayern,
laͤngſt geordnet, und kann der Winke eines
Durchreiſenden vollkommen entbehren.

Den 25ſten des Julius reiſ'te ich von
Muͤnchen aus auf Salzburg. Der Weg iſt
gemacht und eben ſo gut wie der, der mich
nach Muͤnchen hineinfuͤhrte; auch waͤre es eine
Schande, wenn er ſchlecht waͤre, da auf bei-
den Seiteu der Bauſtoff unter der Hand liegt.
Aber, was den Weg gut macht, macht den
Ackerboden ſchlecht. Das Getraide ſtand auf
dieſem Schutte hoͤchſt duͤnne, klein und
mager.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0257" n="249"/>
gangen. Die vierte Gattung, die Gema&#x0364;ßigte,<lb/>
die jedes Ding mit &#x017F;einem eigenen Maß&#x017F;tabe<lb/>
zu me&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich kein Ideal zu machen, &#x017F;ondern<lb/>
die Sachen &#x017F;o zu nehmen pflegt, wie &#x017F;ie, alle<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nde wohl erwogen, &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen und<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: die&#x017F;e Gattung hat aus den Berichten<lb/>
der drei u&#x0364;brigen, mit no&#x0364;thiger Vergleichung<lb/>
und Abrechnung, ihre Begriffe und Kenntni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
von dem Lande und dem Volke der Bayern,<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t geordnet, und kann der Winke eines<lb/>
Durchrei&#x017F;enden vollkommen entbehren.</p><lb/>
              <p>Den 25&#x017F;ten des Julius rei&#x017F;'te ich von<lb/>
Mu&#x0364;nchen aus auf Salzburg. Der Weg i&#x017F;t<lb/>
gemacht und eben &#x017F;o gut wie der, der mich<lb/>
nach Mu&#x0364;nchen hineinfu&#x0364;hrte; auch wa&#x0364;re es eine<lb/>
Schande, wenn er &#x017F;chlecht wa&#x0364;re, da auf bei-<lb/>
den Seiteu der Bau&#x017F;toff unter der Hand liegt.<lb/>
Aber, was den Weg gut macht, macht den<lb/>
Ackerboden &#x017F;chlecht. Das Getraide &#x017F;tand auf<lb/>
die&#x017F;em Schutte ho&#x0364;ch&#x017F;t du&#x0364;nne, klein und<lb/>
mager.</p><lb/>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0257] gangen. Die vierte Gattung, die Gemaͤßigte, die jedes Ding mit ſeinem eigenen Maßſtabe zu meſſen, ſich kein Ideal zu machen, ſondern die Sachen ſo zu nehmen pflegt, wie ſie, alle Umſtaͤnde wohl erwogen, ſeyn koͤnnen und muͤſſen: dieſe Gattung hat aus den Berichten der drei uͤbrigen, mit noͤthiger Vergleichung und Abrechnung, ihre Begriffe und Kenntniſſe von dem Lande und dem Volke der Bayern, laͤngſt geordnet, und kann der Winke eines Durchreiſenden vollkommen entbehren. Den 25ſten des Julius reiſ'te ich von Muͤnchen aus auf Salzburg. Der Weg iſt gemacht und eben ſo gut wie der, der mich nach Muͤnchen hineinfuͤhrte; auch waͤre es eine Schande, wenn er ſchlecht waͤre, da auf bei- den Seiteu der Bauſtoff unter der Hand liegt. Aber, was den Weg gut macht, macht den Ackerboden ſchlecht. Das Getraide ſtand auf dieſem Schutte hoͤchſt duͤnne, klein und mager.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/257
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/257>, abgerufen am 22.11.2024.