von sich einige Familien, deren Voreltern mehreren bayerischen Fürsten gefolgt sind, hier niedergelassen haben, in jenen schönen Tugen- den nicht immer erreicht. Daß es auch hier- in Ausnahmen giebt, versteht sich von selbst.
Ich unterdrücke, was ich noch vom politi- schen Zustande des Landes, von der Regierung und den Finanzen, von dem gegenwärtigen Landesfürsten als Regenten und Privatmann, so wie vom Zustande der Religion, der Wis- senschaften und der Künste, sagen könnte. Es ist seit zwanzig Jahren über diese Dinge, aus allen Tönen, so viel geschrieben worden, daß man die Verhandlungen darüber schließen soll- te. Einige haben, als bloß witzige Köpfe, ärgerliche Chroniken geschrieben; andre haben, als Menschenfreunde, mit moralischer Härte, die wohl auch in Bitterkeit übergegangen ist, die vorgefundenen Mißbräuche gerügt; noch andre haben alles ziemlich unschuldig und ohne Aus- nahme gelobt; und alle drei Gattungen sind in einem und dem andern Stücke zu weit ge-
von ſich einige Familien, deren Voreltern mehreren bayeriſchen Fuͤrſten gefolgt ſind, hier niedergelaſſen haben, in jenen ſchoͤnen Tugen- den nicht immer erreicht. Daß es auch hier- in Ausnahmen giebt, verſteht ſich von ſelbſt.
Ich unterdruͤcke, was ich noch vom politi- ſchen Zuſtande des Landes, von der Regierung und den Finanzen, von dem gegenwaͤrtigen Landesfuͤrſten als Regenten und Privatmann, ſo wie vom Zuſtande der Religion, der Wiſ- ſenſchaften und der Kuͤnſte, ſagen koͤnnte. Es iſt ſeit zwanzig Jahren uͤber dieſe Dinge, aus allen Toͤnen, ſo viel geſchrieben worden, daß man die Verhandlungen daruͤber ſchließen ſoll- te. Einige haben, als bloß witzige Koͤpfe, aͤrgerliche Chroniken geſchrieben; andre haben, als Menſchenfreunde, mit moraliſcher Haͤrte, die wohl auch in Bitterkeit uͤbergegangen iſt, die vorgefundenen Mißbraͤuche geruͤgt; noch andre haben alles ziemlich unſchuldig und ohne Aus- nahme gelobt; und alle drei Gattungen ſind in einem und dem andern Stuͤcke zu weit ge-
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von ſich einige Familien, deren Voreltern
mehreren bayeriſchen Fuͤrſten gefolgt ſind, hier
niedergelaſſen haben, in jenen ſchoͤnen Tugen-
den nicht immer erreicht. Daß es auch hier-
in Ausnahmen giebt, verſteht ſich von ſelbſt.
Ich unterdruͤcke, was ich noch vom politi-
ſchen Zuſtande des Landes, von der Regierung
und den Finanzen, von dem gegenwaͤrtigen
Landesfuͤrſten als Regenten und Privatmann,
ſo wie vom Zuſtande der Religion, der Wiſ-
ſenſchaften und der Kuͤnſte, ſagen koͤnnte. Es
iſt ſeit zwanzig Jahren uͤber dieſe Dinge, aus
allen Toͤnen, ſo viel geſchrieben worden, daß
man die Verhandlungen daruͤber ſchließen ſoll-
te. Einige haben, als bloß witzige Koͤpfe,
aͤrgerliche Chroniken geſchrieben; andre haben,
als Menſchenfreunde, mit moraliſcher Haͤrte,
die wohl auch in Bitterkeit uͤbergegangen iſt, die
vorgefundenen Mißbraͤuche geruͤgt; noch andre
haben alles ziemlich unſchuldig und ohne Aus-
nahme gelobt; und alle drei Gattungen ſind
in einem und dem andern Stuͤcke zu weit ge-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/256>, abgerufen am 25.11.2024.
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