Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

der jetzt wie ein ungeheuerer stumpfer, zusam-
mengedrückter Steinklumpen da steht, mehr
Expansion erhalten haben. Das Innere thut
eine große Wirkung, welche die darin herr-
schende Dämmerung, durch die dichtbemalten
Fenster verursacht, zu verstärken scheint. Die
Verwegenheit des Gewölbes flößt auch hier,
wie bey allen Werken der altdeutschen Bau-
kunst, Ehrfurcht ein, und es bleibt wahr, daß
unsre Voreltern auch hierin größer und stärker
waren, als wir, wenn wir auch feiner und
niedlicher seyn mögen.

Der Reichssaal ist sehr alt, leer, finster,
wandelbar, und das Rathhaus fast so voller
Winkel und Säcke, wie die deutsche Reichs-
verfassung selbst. Die Säle sind weit besser,
die sich der Stadtmagistrat zu seinen Sitzun-
gen und seinem übrigen Bedarf vorbehalten
hat, als die Säle der verschiedenen Kollegien
der Reichsstände.

Die Donaubrücke ist eine der berühmtesten,
größesten und stärksten in Europa, kommt

der jetzt wie ein ungeheuerer ſtumpfer, zuſam-
mengedruͤckter Steinklumpen da ſteht, mehr
Expanſion erhalten haben. Das Innere thut
eine große Wirkung, welche die darin herr-
ſchende Daͤmmerung, durch die dichtbemalten
Fenſter verurſacht, zu verſtaͤrken ſcheint. Die
Verwegenheit des Gewoͤlbes floͤßt auch hier,
wie bey allen Werken der altdeutſchen Bau-
kunſt, Ehrfurcht ein, und es bleibt wahr, daß
unſre Voreltern auch hierin groͤßer und ſtaͤrker
waren, als wir, wenn wir auch feiner und
niedlicher ſeyn moͤgen.

Der Reichsſaal iſt ſehr alt, leer, finſter,
wandelbar, und das Rathhaus faſt ſo voller
Winkel und Saͤcke, wie die deutſche Reichs-
verfaſſung ſelbſt. Die Saͤle ſind weit beſſer,
die ſich der Stadtmagiſtrat zu ſeinen Sitzun-
gen und ſeinem uͤbrigen Bedarf vorbehalten
hat, als die Saͤle der verſchiedenen Kollegien
der Reichsſtaͤnde.

Die Donaubruͤcke iſt eine der beruͤhmteſten,
groͤßeſten und ſtaͤrkſten in Europa, kommt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <floatingText>
          <body>
            <div n="1">
              <p><pb facs="#f0195" n="187"/>
der jetzt wie ein ungeheuerer &#x017F;tumpfer, zu&#x017F;am-<lb/>
mengedru&#x0364;ckter Steinklumpen da &#x017F;teht, mehr<lb/>
Expan&#x017F;ion erhalten haben. Das Innere thut<lb/>
eine große Wirkung, welche die darin herr-<lb/>
&#x017F;chende Da&#x0364;mmerung, durch die dichtbemalten<lb/>
Fen&#x017F;ter verur&#x017F;acht, zu ver&#x017F;ta&#x0364;rken &#x017F;cheint. Die<lb/>
Verwegenheit des Gewo&#x0364;lbes flo&#x0364;ßt auch hier,<lb/>
wie bey allen Werken der altdeut&#x017F;chen Bau-<lb/>
kun&#x017F;t, Ehrfurcht ein, und es bleibt wahr, daß<lb/>
un&#x017F;re Voreltern auch hierin gro&#x0364;ßer und &#x017F;ta&#x0364;rker<lb/>
waren, als wir, wenn wir auch feiner und<lb/>
niedlicher &#x017F;eyn mo&#x0364;gen.</p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Reichs&#x017F;aal</hi> i&#x017F;t &#x017F;ehr alt, leer, fin&#x017F;ter,<lb/>
wandelbar, und das Rathhaus fa&#x017F;t &#x017F;o voller<lb/>
Winkel und Sa&#x0364;cke, wie die deut&#x017F;che Reichs-<lb/>
verfa&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;elb&#x017F;t. Die Sa&#x0364;le &#x017F;ind weit be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
die &#x017F;ich der Stadtmagi&#x017F;trat zu &#x017F;einen Sitzun-<lb/>
gen und &#x017F;einem u&#x0364;brigen Bedarf vorbehalten<lb/>
hat, als die Sa&#x0364;le der ver&#x017F;chiedenen Kollegien<lb/>
der Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde.</p><lb/>
              <p>Die Donaubru&#x0364;cke i&#x017F;t eine der beru&#x0364;hmte&#x017F;ten,<lb/>
gro&#x0364;ße&#x017F;ten und &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten in Europa, kommt<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0195] der jetzt wie ein ungeheuerer ſtumpfer, zuſam- mengedruͤckter Steinklumpen da ſteht, mehr Expanſion erhalten haben. Das Innere thut eine große Wirkung, welche die darin herr- ſchende Daͤmmerung, durch die dichtbemalten Fenſter verurſacht, zu verſtaͤrken ſcheint. Die Verwegenheit des Gewoͤlbes floͤßt auch hier, wie bey allen Werken der altdeutſchen Bau- kunſt, Ehrfurcht ein, und es bleibt wahr, daß unſre Voreltern auch hierin groͤßer und ſtaͤrker waren, als wir, wenn wir auch feiner und niedlicher ſeyn moͤgen. Der Reichsſaal iſt ſehr alt, leer, finſter, wandelbar, und das Rathhaus faſt ſo voller Winkel und Saͤcke, wie die deutſche Reichs- verfaſſung ſelbſt. Die Saͤle ſind weit beſſer, die ſich der Stadtmagiſtrat zu ſeinen Sitzun- gen und ſeinem uͤbrigen Bedarf vorbehalten hat, als die Saͤle der verſchiedenen Kollegien der Reichsſtaͤnde. Die Donaubruͤcke iſt eine der beruͤhmteſten, groͤßeſten und ſtaͤrkſten in Europa, kommt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/195
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/195>, abgerufen am 21.11.2024.