aus der Tasche hervorragender Tabackspfeife, geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie- belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten- Frauen und Töchtern; aber die erstre Gattung geht aus ihrer Klasse und ihrer Gravität schwer heraus, und sucht nur solche Unterhaltungen, die der Würde ihres Standpunktes angemes- sen sind, wohin denn große ceremonienreiche Familien- und Kollegen Schmäuse und andre steife Erholungen gehören. Finden sie Vergnü- gen an den Wissenschaften, so sind Gelehrte die einzigen aus der Bürgerwelt, mit denen sie Umgang halten; und ihre Frauen sind dann wohl so gnädig, die Ehehälften derselben zu- weilen zu einem Kaffeebesuch einzuladen, ent- weder unter vier Augen, oder in einer dazu erlesenen, paßlichen Gesellschaft; aber mit an- dern sogenannten adelichen Damen äußerst selten.
Das Wesen dieser adelichen Damen erster Ordnung entspricht dem Wesen ihrer Männer ganz. Man glaubt, wenn man sich unter den
aus der Taſche hervorragender Tabackspfeife, geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie- belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten- Frauen und Toͤchtern; aber die erſtre Gattung geht aus ihrer Klaſſe und ihrer Gravitaͤt ſchwer heraus, und ſucht nur ſolche Unterhaltungen, die der Wuͤrde ihres Standpunktes angemeſ- ſen ſind, wohin denn große ceremonienreiche Familien- und Kollegen Schmaͤuſe und andre ſteife Erholungen gehoͤren. Finden ſie Vergnuͤ- gen an den Wiſſenſchaften, ſo ſind Gelehrte die einzigen aus der Buͤrgerwelt, mit denen ſie Umgang halten; und ihre Frauen ſind dann wohl ſo gnaͤdig, die Ehehaͤlften derſelben zu- weilen zu einem Kaffeebeſuch einzuladen, ent- weder unter vier Augen, oder in einer dazu erleſenen, paßlichen Geſellſchaft; aber mit an- dern ſogenannten adelichen Damen aͤußerſt ſelten.
Das Weſen dieſer adelichen Damen erſter Ordnung entſpricht dem Weſen ihrer Maͤnner ganz. Man glaubt, wenn man ſich unter den
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aus der Taſche hervorragender Tabackspfeife,
geht noch auf Pickenicke, und tanzt und lie-
belt mit den Kaufmanns- und Gelehrten-
Frauen und Toͤchtern; aber die erſtre Gattung
geht aus ihrer Klaſſe und ihrer Gravitaͤt ſchwer
heraus, und ſucht nur ſolche Unterhaltungen,
die der Wuͤrde ihres Standpunktes angemeſ-
ſen ſind, wohin denn große ceremonienreiche
Familien- und Kollegen Schmaͤuſe und andre
ſteife Erholungen gehoͤren. Finden ſie Vergnuͤ-
gen an den Wiſſenſchaften, ſo ſind Gelehrte
die einzigen aus der Buͤrgerwelt, mit denen
ſie Umgang halten; und ihre Frauen ſind dann
wohl ſo gnaͤdig, die Ehehaͤlften derſelben zu-
weilen zu einem Kaffeebeſuch einzuladen, ent-
weder unter vier Augen, oder in einer dazu
erleſenen, paßlichen Geſellſchaft; aber mit an-
dern ſogenannten adelichen Damen aͤußerſt
ſelten.
Das Weſen dieſer adelichen Damen erſter
Ordnung entſpricht dem Weſen ihrer Maͤnner
ganz. Man glaubt, wenn man ſich unter den
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/176>, abgerufen am 24.11.2024.
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