mer derselben sind altmodisch, und nur in dieser Rücksicht und als altdeutsche Raritäten- kammern merkwürdig. Mehrere Gemälde und Bildnisse von Albrecht Dürer und eine große Komposition von Johann Creutzfel- der, aus der Nürnbergischen Geschichte, sind hier betrachtenswerth. Eine Bettstelle, mit Vorhängen von verblaßtem Wollenzeuge, worin mehrere alte Kaiser geschlafen haben, ist ein Denkmal von der Einfalt und Sparsamkeit jener Zeiten, und war auch dem verstorbenen Kaiser Joseph, wie mir der Führer sagte, merkwürdig gewesen. Er hatte diese Vorhän- ge, indem er sie über die Hand gehen lassen, mehrere Sekunden angesehen und endlich ge- sagt: die Alten hatten weniger als wir, aber sie waren reicher!
Der älteste Rathsherr bewohnt den Rest der Zimmer im Schlosse und bringt hier seine übrigen Jahre, unter dem Titel eines Kastel- lans oder Pflegers der Reichsveste, zu. Je- der Kastellan bringt sein Hausgeräth mit,
I 2
mer derſelben ſind altmodiſch, und nur in dieſer Ruͤckſicht und als altdeutſche Raritaͤten- kammern merkwuͤrdig. Mehrere Gemaͤlde und Bildniſſe von Albrecht Duͤrer und eine große Kompoſition von Johann Creutzfel- der, aus der Nuͤrnbergiſchen Geſchichte, ſind hier betrachtenswerth. Eine Bettſtelle, mit Vorhaͤngen von verblaßtem Wollenzeuge, worin mehrere alte Kaiſer geſchlafen haben, iſt ein Denkmal von der Einfalt und Sparſamkeit jener Zeiten, und war auch dem verſtorbenen Kaiſer Joſeph, wie mir der Fuͤhrer ſagte, merkwuͤrdig geweſen. Er hatte dieſe Vorhaͤn- ge, indem er ſie uͤber die Hand gehen laſſen, mehrere Sekunden angeſehen und endlich ge- ſagt: die Alten hatten weniger als wir, aber ſie waren reicher!
Der aͤlteſte Rathsherr bewohnt den Reſt der Zimmer im Schloſſe und bringt hier ſeine uͤbrigen Jahre, unter dem Titel eines Kaſtel- lans oder Pflegers der Reichsveſte, zu. Je- der Kaſtellan bringt ſein Hausgeraͤth mit,
I 2
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0139"n="131"/>
mer derſelben ſind altmodiſch, und nur in<lb/>
dieſer Ruͤckſicht und als altdeutſche Raritaͤten-<lb/>
kammern merkwuͤrdig. Mehrere Gemaͤlde und<lb/>
Bildniſſe von <hirendition="#g">Albrecht Duͤrer</hi> und eine<lb/>
große Kompoſition von <hirendition="#g">Johann Creutzfel-<lb/>
der</hi>, aus der Nuͤrnbergiſchen Geſchichte, ſind<lb/>
hier betrachtenswerth. Eine Bettſtelle, mit<lb/>
Vorhaͤngen von verblaßtem Wollenzeuge, worin<lb/>
mehrere alte Kaiſer geſchlafen haben, iſt ein<lb/>
Denkmal von der Einfalt und Sparſamkeit<lb/>
jener Zeiten, und war auch dem verſtorbenen<lb/>
Kaiſer Joſeph, wie mir der Fuͤhrer ſagte,<lb/>
merkwuͤrdig geweſen. Er hatte dieſe Vorhaͤn-<lb/>
ge, indem er ſie uͤber die Hand gehen laſſen,<lb/>
mehrere Sekunden angeſehen und endlich ge-<lb/>ſagt: <hirendition="#g">die Alten hatten weniger als<lb/>
wir, aber ſie waren reicher</hi>!</p><lb/><p>Der aͤlteſte Rathsherr bewohnt den Reſt<lb/>
der Zimmer im Schloſſe und bringt hier ſeine<lb/>
uͤbrigen Jahre, unter dem Titel eines Kaſtel-<lb/>
lans oder Pflegers der Reichsveſte, zu. Je-<lb/>
der Kaſtellan bringt ſein Hausgeraͤth mit,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">I 2</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[131/0139]
mer derſelben ſind altmodiſch, und nur in
dieſer Ruͤckſicht und als altdeutſche Raritaͤten-
kammern merkwuͤrdig. Mehrere Gemaͤlde und
Bildniſſe von Albrecht Duͤrer und eine
große Kompoſition von Johann Creutzfel-
der, aus der Nuͤrnbergiſchen Geſchichte, ſind
hier betrachtenswerth. Eine Bettſtelle, mit
Vorhaͤngen von verblaßtem Wollenzeuge, worin
mehrere alte Kaiſer geſchlafen haben, iſt ein
Denkmal von der Einfalt und Sparſamkeit
jener Zeiten, und war auch dem verſtorbenen
Kaiſer Joſeph, wie mir der Fuͤhrer ſagte,
merkwuͤrdig geweſen. Er hatte dieſe Vorhaͤn-
ge, indem er ſie uͤber die Hand gehen laſſen,
mehrere Sekunden angeſehen und endlich ge-
ſagt: die Alten hatten weniger als
wir, aber ſie waren reicher!
Der aͤlteſte Rathsherr bewohnt den Reſt
der Zimmer im Schloſſe und bringt hier ſeine
uͤbrigen Jahre, unter dem Titel eines Kaſtel-
lans oder Pflegers der Reichsveſte, zu. Je-
der Kaſtellan bringt ſein Hausgeraͤth mit,
I 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/139>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.