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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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kaum zehn Zuhörer übrig blieben. Er glänzte
auf der Harfe und "Viole d'amour" und war
aus Leipzig. Jch erinnere mich seines Namens
und der lächerlich-unverschämten Miene noch
sehr wohl, mit welcher er es trug, daß diese
ganz unverkennbar von ihm für Barbaren ge-
haltene Zuhörer, theils ihn auszischten, theils
stillschweigend ihn allein ließen.

Uebrigens hatte der Neffe des Königs,
Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Musik-
schule in Warschau errichtet, die mehrere Jah-
re hindurch blühete, jetzt aber, wo die Um-
stände den Prinzen nöthigen, seine Ausgaben
einzuschränken, ein Ende genommen hat. Sie
kostete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet,
fünf bis sechs tausend Dukaten. Er ließ Kin-
der beyderley Geschlechts, die Anlage zeigten,
erziehen und sie in der Vokal- und Jnstrumen-
tel-Musik unterrichten. Zeichneten sich Schü-
ler oder Schülerinnen durch vorzügliches Ta-
lent aus, so schickte er sie nach Jtalien, um
es vollends zu bilden. Einige sind auf diesem

kaum zehn Zuhoͤrer uͤbrig blieben. Er glaͤnzte
auf der Harfe und „Viole d'amour“ und war
aus Leipzig. Jch erinnere mich ſeines Namens
und der laͤcherlich-unverſchaͤmten Miene noch
ſehr wohl, mit welcher er es trug, daß dieſe
ganz unverkennbar von ihm fuͤr Barbaren ge-
haltene Zuhoͤrer, theils ihn ausziſchten, theils
ſtillſchweigend ihn allein ließen.

Uebrigens hatte der Neffe des Koͤnigs,
Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Muſik-
ſchule in Warſchau errichtet, die mehrere Jah-
re hindurch bluͤhete, jetzt aber, wo die Um-
ſtaͤnde den Prinzen noͤthigen, ſeine Ausgaben
einzuſchraͤnken, ein Ende genommen hat. Sie
koſtete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet,
fuͤnf bis ſechs tauſend Dukaten. Er ließ Kin-
der beyderley Geſchlechts, die Anlage zeigten,
erziehen und ſie in der Vokal- und Jnſtrumen-
tel-Muſik unterrichten. Zeichneten ſich Schuͤ-
ler oder Schuͤlerinnen durch vorzuͤgliches Ta-
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[63/0073] kaum zehn Zuhoͤrer uͤbrig blieben. Er glaͤnzte auf der Harfe und „Viole d'amour“ und war aus Leipzig. Jch erinnere mich ſeines Namens und der laͤcherlich-unverſchaͤmten Miene noch ſehr wohl, mit welcher er es trug, daß dieſe ganz unverkennbar von ihm fuͤr Barbaren ge- haltene Zuhoͤrer, theils ihn ausziſchten, theils ſtillſchweigend ihn allein ließen. Uebrigens hatte der Neffe des Koͤnigs, Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Muſik- ſchule in Warſchau errichtet, die mehrere Jah- re hindurch bluͤhete, jetzt aber, wo die Um- ſtaͤnde den Prinzen noͤthigen, ſeine Ausgaben einzuſchraͤnken, ein Ende genommen hat. Sie koſtete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet, fuͤnf bis ſechs tauſend Dukaten. Er ließ Kin- der beyderley Geſchlechts, die Anlage zeigten, erziehen und ſie in der Vokal- und Jnſtrumen- tel-Muſik unterrichten. Zeichneten ſich Schuͤ- ler oder Schuͤlerinnen durch vorzuͤgliches Ta- lent aus, ſo ſchickte er ſie nach Jtalien, um es vollends zu bilden. Einige ſind auf dieſem

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/73>, abgerufen am 24.11.2024.