kaum zehn Zuhörer übrig blieben. Er glänzte auf der Harfe und "Viole d'amour" und war aus Leipzig. Jch erinnere mich seines Namens und der lächerlich-unverschämten Miene noch sehr wohl, mit welcher er es trug, daß diese ganz unverkennbar von ihm für Barbaren ge- haltene Zuhörer, theils ihn auszischten, theils stillschweigend ihn allein ließen.
Uebrigens hatte der Neffe des Königs, Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Musik- schule in Warschau errichtet, die mehrere Jah- re hindurch blühete, jetzt aber, wo die Um- stände den Prinzen nöthigen, seine Ausgaben einzuschränken, ein Ende genommen hat. Sie kostete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet, fünf bis sechs tausend Dukaten. Er ließ Kin- der beyderley Geschlechts, die Anlage zeigten, erziehen und sie in der Vokal- und Jnstrumen- tel-Musik unterrichten. Zeichneten sich Schü- ler oder Schülerinnen durch vorzügliches Ta- lent aus, so schickte er sie nach Jtalien, um es vollends zu bilden. Einige sind auf diesem
kaum zehn Zuhoͤrer uͤbrig blieben. Er glaͤnzte auf der Harfe und „Viole d'amour“ und war aus Leipzig. Jch erinnere mich ſeines Namens und der laͤcherlich-unverſchaͤmten Miene noch ſehr wohl, mit welcher er es trug, daß dieſe ganz unverkennbar von ihm fuͤr Barbaren ge- haltene Zuhoͤrer, theils ihn ausziſchten, theils ſtillſchweigend ihn allein ließen.
Uebrigens hatte der Neffe des Koͤnigs, Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Muſik- ſchule in Warſchau errichtet, die mehrere Jah- re hindurch bluͤhete, jetzt aber, wo die Um- ſtaͤnde den Prinzen noͤthigen, ſeine Ausgaben einzuſchraͤnken, ein Ende genommen hat. Sie koſtete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet, fuͤnf bis ſechs tauſend Dukaten. Er ließ Kin- der beyderley Geſchlechts, die Anlage zeigten, erziehen und ſie in der Vokal- und Jnſtrumen- tel-Muſik unterrichten. Zeichneten ſich Schuͤ- ler oder Schuͤlerinnen durch vorzuͤgliches Ta- lent aus, ſo ſchickte er ſie nach Jtalien, um es vollends zu bilden. Einige ſind auf dieſem
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0073"n="63"/>
kaum zehn Zuhoͤrer uͤbrig blieben. Er glaͤnzte<lb/>
auf der Harfe und <hirendition="#aq">„Viole d'amour“</hi> und war<lb/>
aus Leipzig. Jch erinnere mich ſeines Namens<lb/>
und der laͤcherlich-unverſchaͤmten Miene noch<lb/>ſehr wohl, mit welcher er es trug, daß dieſe<lb/>
ganz unverkennbar von ihm fuͤr Barbaren ge-<lb/>
haltene Zuhoͤrer, theils ihn ausziſchten, theils<lb/>ſtillſchweigend ihn allein ließen.</p><lb/><p>Uebrigens hatte der Neffe des Koͤnigs,<lb/>
Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Muſik-<lb/>ſchule in Warſchau errichtet, die mehrere Jah-<lb/>
re hindurch bluͤhete, jetzt aber, wo die Um-<lb/>ſtaͤnde den Prinzen noͤthigen, ſeine Ausgaben<lb/>
einzuſchraͤnken, ein Ende genommen hat. Sie<lb/>
koſtete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet,<lb/>
fuͤnf bis ſechs tauſend Dukaten. Er ließ Kin-<lb/>
der beyderley Geſchlechts, die Anlage zeigten,<lb/>
erziehen und ſie in der Vokal- und Jnſtrumen-<lb/>
tel-Muſik unterrichten. Zeichneten ſich Schuͤ-<lb/>
ler oder Schuͤlerinnen durch vorzuͤgliches Ta-<lb/>
lent aus, ſo ſchickte er ſie nach Jtalien, um<lb/>
es vollends zu bilden. Einige ſind auf dieſem<lb/></p></div></body></text></TEI>
[63/0073]
kaum zehn Zuhoͤrer uͤbrig blieben. Er glaͤnzte
auf der Harfe und „Viole d'amour“ und war
aus Leipzig. Jch erinnere mich ſeines Namens
und der laͤcherlich-unverſchaͤmten Miene noch
ſehr wohl, mit welcher er es trug, daß dieſe
ganz unverkennbar von ihm fuͤr Barbaren ge-
haltene Zuhoͤrer, theils ihn ausziſchten, theils
ſtillſchweigend ihn allein ließen.
Uebrigens hatte der Neffe des Koͤnigs,
Prinz Stanislaus Poniatowski, eine Muſik-
ſchule in Warſchau errichtet, die mehrere Jah-
re hindurch bluͤhete, jetzt aber, wo die Um-
ſtaͤnde den Prinzen noͤthigen, ſeine Ausgaben
einzuſchraͤnken, ein Ende genommen hat. Sie
koſtete ihm, ein Jahr in das andere gerechnet,
fuͤnf bis ſechs tauſend Dukaten. Er ließ Kin-
der beyderley Geſchlechts, die Anlage zeigten,
erziehen und ſie in der Vokal- und Jnſtrumen-
tel-Muſik unterrichten. Zeichneten ſich Schuͤ-
ler oder Schuͤlerinnen durch vorzuͤgliches Ta-
lent aus, ſo ſchickte er ſie nach Jtalien, um
es vollends zu bilden. Einige ſind auf dieſem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/73>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.