Ständen und die sich denselben anschließen, doch mehr bey dem weiblichen Geschlecht, als bey dem männlichen. Die Lehrer derselben sind auch meist Ausländer von den so oft genann- ten Nationen. So sehr man indessen die Mu- sik liebt, fehlt es doch an seiner Kenntniß der edleren und erhabenern, und an wahrem Ge- fallen daran. Diejenige, die man in Gesell- schaft singt, und nach der man tanzen kann, sagt dem Geiste der Nation mehr zu. Die Virtuosen, die zuweilen hieher kommen, müs- sen dies wissen, sonst hätten sie wahrscheinlich nicht die Zuversichtlichkeit, sich vernehmen zu lassen. Jch hörte im Laufe der Jahre 1791 und 1792 Mehrere hier, die überall unterbro- chen worden wären, die aber hier mit großer Güte, sogar mit Beyfall, aufgenommen wur- den; nur ein einziger, der unter diesen mit- telmäßigen Subjekten das schlechteste war, er- hielt einen Theil des ihm gebührenden Lohns; ein paar Fremde zischten ihn aus und die Ein- heimischen verließen den Saal, so daß ihm
Staͤnden und die ſich denſelben anſchließen, doch mehr bey dem weiblichen Geſchlecht, als bey dem maͤnnlichen. Die Lehrer derſelben ſind auch meiſt Auslaͤnder von den ſo oft genann- ten Nationen. So ſehr man indeſſen die Mu- ſik liebt, fehlt es doch an ſeiner Kenntniß der edleren und erhabenern, und an wahrem Ge- fallen daran. Diejenige, die man in Geſell- ſchaft ſingt, und nach der man tanzen kann, ſagt dem Geiſte der Nation mehr zu. Die Virtuoſen, die zuweilen hieher kommen, muͤſ- ſen dies wiſſen, ſonſt haͤtten ſie wahrſcheinlich nicht die Zuverſichtlichkeit, ſich vernehmen zu laſſen. Jch hoͤrte im Laufe der Jahre 1791 und 1792 Mehrere hier, die uͤberall unterbro- chen worden waͤren, die aber hier mit großer Guͤte, ſogar mit Beyfall, aufgenommen wur- den; nur ein einziger, der unter dieſen mit- telmaͤßigen Subjekten das ſchlechteſte war, er- hielt einen Theil des ihm gebuͤhrenden Lohns; ein paar Fremde ziſchten ihn aus und die Ein- heimiſchen verließen den Saal, ſo daß ihm
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Staͤnden und die ſich denſelben anſchließen,
doch mehr bey dem weiblichen Geſchlecht, als
bey dem maͤnnlichen. Die Lehrer derſelben ſind
auch meiſt Auslaͤnder von den ſo oft genann-
ten Nationen. So ſehr man indeſſen die Mu-
ſik liebt, fehlt es doch an ſeiner Kenntniß der
edleren und erhabenern, und an wahrem Ge-
fallen daran. Diejenige, die man in Geſell-
ſchaft ſingt, und nach der man tanzen kann,
ſagt dem Geiſte der Nation mehr zu. Die
Virtuoſen, die zuweilen hieher kommen, muͤſ-
ſen dies wiſſen, ſonſt haͤtten ſie wahrſcheinlich
nicht die Zuverſichtlichkeit, ſich vernehmen zu
laſſen. Jch hoͤrte im Laufe der Jahre 1791
und 1792 Mehrere hier, die uͤberall unterbro-
chen worden waͤren, die aber hier mit großer
Guͤte, ſogar mit Beyfall, aufgenommen wur-
den; nur ein einziger, der unter dieſen mit-
telmaͤßigen Subjekten das ſchlechteſte war, er-
hielt einen Theil des ihm gebuͤhrenden Lohns;
ein paar Fremde ziſchten ihn aus und die Ein-
heimiſchen verließen den Saal, ſo daß ihm
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/72>, abgerufen am 16.02.2025.
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