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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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schah. Ueberdieß stiftete man in Warschau ei-
ne Ritterakademie nach einem sehr durchdach-
ten Plan und besetzte sie mit verdienstvollen
Lehrern, von denen zwey deutsche, der Direk-
tor Hube und der Professor Steiner, auch
in der deutschen Literatur bekannt sind, und
in einigen Provinzialstädten, in Wilna, Luck,
Kaminiec, Lublin etc. legte man Konvikte für
arme Edelleute an, worin diese unentgeltlich
unterhalten und unterrichtet wurden.

Die polnische Sprache ist weder so rauh,
als sie gedruckt und geschrieben aussieht, noch
so ungebildet, als man zu glauben pflegt. Al-
lerdings scheint die Menge von Mitlautern,
die in ihren Wörtern die Selbstlauter vergra-
ben, die Aussprache derselben holprigt und rau-
schend zu machen; aber man höre sie nur
von den äußerst biegsamen polnischen Kehlen
und Lippen aussprechen, und man wird nichts
übellautendes darin finden. Die Polen reden
sehr geschwind und wissen drey bis vier Mit-
lauter hinter einander so schnell zu streifen,

ſchah. Ueberdieß ſtiftete man in Warſchau ei-
ne Ritterakademie nach einem ſehr durchdach-
ten Plan und beſetzte ſie mit verdienſtvollen
Lehrern, von denen zwey deutſche, der Direk-
tor Hube und der Profeſſor Steiner, auch
in der deutſchen Literatur bekannt ſind, und
in einigen Provinzialſtaͤdten, in Wilna, Luck,
Kaminiec, Lublin ꝛc. legte man Konvikte fuͤr
arme Edelleute an, worin dieſe unentgeltlich
unterhalten und unterrichtet wurden.

Die polniſche Sprache iſt weder ſo rauh,
als ſie gedruckt und geſchrieben ausſieht, noch
ſo ungebildet, als man zu glauben pflegt. Al-
lerdings ſcheint die Menge von Mitlautern,
die in ihren Woͤrtern die Selbſtlauter vergra-
ben, die Ausſprache derſelben holprigt und rau-
ſchend zu machen; aber man hoͤre ſie nur
von den aͤußerſt biegſamen polniſchen Kehlen
und Lippen ausſprechen, und man wird nichts
uͤbellautendes darin finden. Die Polen reden
ſehr geſchwind und wiſſen drey bis vier Mit-
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[46/0056] ſchah. Ueberdieß ſtiftete man in Warſchau ei- ne Ritterakademie nach einem ſehr durchdach- ten Plan und beſetzte ſie mit verdienſtvollen Lehrern, von denen zwey deutſche, der Direk- tor Hube und der Profeſſor Steiner, auch in der deutſchen Literatur bekannt ſind, und in einigen Provinzialſtaͤdten, in Wilna, Luck, Kaminiec, Lublin ꝛc. legte man Konvikte fuͤr arme Edelleute an, worin dieſe unentgeltlich unterhalten und unterrichtet wurden. Die polniſche Sprache iſt weder ſo rauh, als ſie gedruckt und geſchrieben ausſieht, noch ſo ungebildet, als man zu glauben pflegt. Al- lerdings ſcheint die Menge von Mitlautern, die in ihren Woͤrtern die Selbſtlauter vergra- ben, die Ausſprache derſelben holprigt und rau- ſchend zu machen; aber man hoͤre ſie nur von den aͤußerſt biegſamen polniſchen Kehlen und Lippen ausſprechen, und man wird nichts uͤbellautendes darin finden. Die Polen reden ſehr geſchwind und wiſſen drey bis vier Mit- lauter hinter einander ſo ſchnell zu ſtreifen,

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/56>, abgerufen am 21.11.2024.