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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Volks ein Reichstag immer so fremde und
gleichgültig gewesen, als eine Rathswahl in
Nürnberg. Der Revolutions-Reichstag aber
wußte die Aufmerksamkeit der übrigen Einwoh-
nerklassen dadurch zu gewinnen, daß er ihnen
Hoffnung machte, auch für sie zu arbeiten.
Er ließ namentlich die Bürger schon dadurch
viel erwarten, daß er die freye Königs-
wahl
angriff und die Vorrechte des Kö-
nigs vermehrte:
zwey Dinge, die auf
allen vorigen Reichstagen, das eine eifrigst be-
festigt, das andre eifrigst vermindert, worden
waren, wodurch zugleich auch das politische
Daseyn der Bürgerklasse immer mehr unter
graben werden mußte. Jetzt, da diese ein Va-
terland an Polen zu bekommen hoffte, ward
auch bey ihr der Geist der Untersuchung und
des Nachdenkens rege, und sie las und schrieb
und sprach, und verstärkte dadurch das litera-
rische Verkehr eben so sehr, als den Einfluß
der wiedergebährenden Partey auf die allge-
meine Meinung. Die Zeitungen, die in pol-

nischer

Volks ein Reichstag immer ſo fremde und
gleichguͤltig geweſen, als eine Rathswahl in
Nuͤrnberg. Der Revolutions-Reichstag aber
wußte die Aufmerkſamkeit der uͤbrigen Einwoh-
nerklaſſen dadurch zu gewinnen, daß er ihnen
Hoffnung machte, auch fuͤr ſie zu arbeiten.
Er ließ namentlich die Buͤrger ſchon dadurch
viel erwarten, daß er die freye Koͤnigs-
wahl
angriff und die Vorrechte des Koͤ-
nigs vermehrte:
zwey Dinge, die auf
allen vorigen Reichstagen, das eine eifrigſt be-
feſtigt, das andre eifrigſt vermindert, worden
waren, wodurch zugleich auch das politiſche
Daſeyn der Buͤrgerklaſſe immer mehr unter
graben werden mußte. Jetzt, da dieſe ein Va-
terland an Polen zu bekommen hoffte, ward
auch bey ihr der Geiſt der Unterſuchung und
des Nachdenkens rege, und ſie las und ſchrieb
und ſprach, und verſtaͤrkte dadurch das litera-
riſche Verkehr eben ſo ſehr, als den Einfluß
der wiedergebaͤhrenden Partey auf die allge-
meine Meinung. Die Zeitungen, die in pol-

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[32/0042] Volks ein Reichstag immer ſo fremde und gleichguͤltig geweſen, als eine Rathswahl in Nuͤrnberg. Der Revolutions-Reichstag aber wußte die Aufmerkſamkeit der uͤbrigen Einwoh- nerklaſſen dadurch zu gewinnen, daß er ihnen Hoffnung machte, auch fuͤr ſie zu arbeiten. Er ließ namentlich die Buͤrger ſchon dadurch viel erwarten, daß er die freye Koͤnigs- wahl angriff und die Vorrechte des Koͤ- nigs vermehrte:zwey Dinge, die auf allen vorigen Reichstagen, das eine eifrigſt be- feſtigt, das andre eifrigſt vermindert, worden waren, wodurch zugleich auch das politiſche Daſeyn der Buͤrgerklaſſe immer mehr unter graben werden mußte. Jetzt, da dieſe ein Va- terland an Polen zu bekommen hoffte, ward auch bey ihr der Geiſt der Unterſuchung und des Nachdenkens rege, und ſie las und ſchrieb und ſprach, und verſtaͤrkte dadurch das litera- riſche Verkehr eben ſo ſehr, als den Einfluß der wiedergebaͤhrenden Partey auf die allge- meine Meinung. Die Zeitungen, die in pol- niſcher

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/42>, abgerufen am 29.03.2024.