Man sieht aus diesen Bemerkungen, daß der Zustand der ursprünglich polnischen Litera- tur und der deutschen Literatur in Polen nicht vortheilhaft seyn könne. Was in der erstern gethan wird, ist in jeder Rücksicht ziemlich dürftig und einseitig, und was in der letztern geschieht, kann man nach den angegebenen Um- ständen leicht ermessen. Jndessen will ich, in Absicht beyder, noch etwas mehr ins besonde- re gehen.
Während des Konstitutionsreichstages, der in der That die Nation in ein Feuer setzte, dessen man sie seit lange nicht mehr fähig ge- glaubt hatte, fingen auch einige Zweige der Gelehrsamkeit frischer an zu blühen, besonders diejenigen, welche ich oben als die vom Adel und der hohen Geistlichkeit am meisten ange- baueten bezeichnet habe: Staatsrecht, Poli- tik, Gesetzgebung, Geschichte, Beredsamkeit. Die ersten Schritte des Revolutionsreichstages gaben, wie ehedem die gestattete Preßfreyheit unter Joseph dem Zweyten in Wien, Anlaß
Man ſieht aus dieſen Bemerkungen, daß der Zuſtand der urſpruͤnglich polniſchen Litera- tur und der deutſchen Literatur in Polen nicht vortheilhaft ſeyn koͤnne. Was in der erſtern gethan wird, iſt in jeder Ruͤckſicht ziemlich duͤrftig und einſeitig, und was in der letztern geſchieht, kann man nach den angegebenen Um- ſtaͤnden leicht ermeſſen. Jndeſſen will ich, in Abſicht beyder, noch etwas mehr ins beſonde- re gehen.
Waͤhrend des Konſtitutionsreichstages, der in der That die Nation in ein Feuer ſetzte, deſſen man ſie ſeit lange nicht mehr faͤhig ge- glaubt hatte, fingen auch einige Zweige der Gelehrſamkeit friſcher an zu bluͤhen, beſonders diejenigen, welche ich oben als die vom Adel und der hohen Geiſtlichkeit am meiſten ange- baueten bezeichnet habe: Staatsrecht, Poli- tik, Geſetzgebung, Geſchichte, Beredſamkeit. Die erſten Schritte des Revolutionsreichstages gaben, wie ehedem die geſtattete Preßfreyheit unter Joſeph dem Zweyten in Wien, Anlaß
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0039"n="29"/><p>Man ſieht aus dieſen Bemerkungen, daß<lb/>
der Zuſtand der urſpruͤnglich polniſchen Litera-<lb/>
tur und der deutſchen Literatur in Polen nicht<lb/>
vortheilhaft ſeyn koͤnne. Was in der erſtern<lb/>
gethan wird, iſt in jeder Ruͤckſicht ziemlich<lb/>
duͤrftig und einſeitig, und was in der letztern<lb/>
geſchieht, kann man nach den angegebenen Um-<lb/>ſtaͤnden leicht ermeſſen. Jndeſſen will ich, in<lb/>
Abſicht beyder, noch etwas mehr ins beſonde-<lb/>
re gehen.</p><lb/><p>Waͤhrend des Konſtitutionsreichstages, der<lb/>
in der That die Nation in ein Feuer ſetzte,<lb/>
deſſen man ſie ſeit lange nicht mehr faͤhig ge-<lb/>
glaubt hatte, fingen auch einige Zweige der<lb/>
Gelehrſamkeit friſcher an zu bluͤhen, beſonders<lb/>
diejenigen, welche ich oben als die vom Adel<lb/>
und der hohen Geiſtlichkeit am meiſten ange-<lb/>
baueten bezeichnet habe: Staatsrecht, Poli-<lb/>
tik, Geſetzgebung, Geſchichte, Beredſamkeit.<lb/>
Die erſten Schritte des Revolutionsreichstages<lb/>
gaben, wie ehedem die geſtattete Preßfreyheit<lb/>
unter Joſeph dem Zweyten in Wien, Anlaß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[29/0039]
Man ſieht aus dieſen Bemerkungen, daß
der Zuſtand der urſpruͤnglich polniſchen Litera-
tur und der deutſchen Literatur in Polen nicht
vortheilhaft ſeyn koͤnne. Was in der erſtern
gethan wird, iſt in jeder Ruͤckſicht ziemlich
duͤrftig und einſeitig, und was in der letztern
geſchieht, kann man nach den angegebenen Um-
ſtaͤnden leicht ermeſſen. Jndeſſen will ich, in
Abſicht beyder, noch etwas mehr ins beſonde-
re gehen.
Waͤhrend des Konſtitutionsreichstages, der
in der That die Nation in ein Feuer ſetzte,
deſſen man ſie ſeit lange nicht mehr faͤhig ge-
glaubt hatte, fingen auch einige Zweige der
Gelehrſamkeit friſcher an zu bluͤhen, beſonders
diejenigen, welche ich oben als die vom Adel
und der hohen Geiſtlichkeit am meiſten ange-
baueten bezeichnet habe: Staatsrecht, Poli-
tik, Geſetzgebung, Geſchichte, Beredſamkeit.
Die erſten Schritte des Revolutionsreichstages
gaben, wie ehedem die geſtattete Preßfreyheit
unter Joſeph dem Zweyten in Wien, Anlaß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/39>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.