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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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durch die man hineinfährt, noch ein wenig pol-
nisch und fast ganz mit hölzernen Häusern be-
setzt; aber die Stadt selbst ist reinlich und hat,
für ihre Größe, ziemlich breite, gepflasterte Stra-
ßen; die Häuser sind von Fachwerk, mit Far-
ben abgeputzt, und haben undurchlöcherte, rein-
gehaltene Glasfenster, hinter denen man wie-
der Vorhänge sieht. Die Einwohner, die man
auf den Straßen erblickt, sind reinlich geklei-
det, und alles verräth eine gewisse Betriebsam-
keit und mithin einen Wohlstand, der mit der
polnischen Art zu seyn, einen sehr auffallenden
Kontrast macht.

Bekanntlich gehört dieß Städtchen und die
freye Standesherrschaft, der sie dem Namen
giebt, dem regierenden Herzoge von Kurland,
der sie durch seine Beamten verwalten läßt.
Da er kein baares Geld herausziehen kann, so
bezieht er seine Einkünfte, wie man mir sagte,
in Tüchern, deren hier, von den schlechtern und
mittlern Gattungen, ein Beträchtliches verfer-
tigt wird. Auch ist das Gewerk der Tuchwe-
ber hier das zahlreichste.

durch die man hineinfaͤhrt, noch ein wenig pol-
niſch und faſt ganz mit hoͤlzernen Haͤuſern be-
ſetzt; aber die Stadt ſelbſt iſt reinlich und hat,
fuͤr ihre Groͤße, ziemlich breite, gepflaſterte Stra-
ßen; die Haͤuſer ſind von Fachwerk, mit Far-
ben abgeputzt, und haben undurchloͤcherte, rein-
gehaltene Glasfenſter, hinter denen man wie-
der Vorhaͤnge ſieht. Die Einwohner, die man
auf den Straßen erblickt, ſind reinlich geklei-
det, und alles verraͤth eine gewiſſe Betriebſam-
keit und mithin einen Wohlſtand, der mit der
polniſchen Art zu ſeyn, einen ſehr auffallenden
Kontraſt macht.

Bekanntlich gehoͤrt dieß Staͤdtchen und die
freye Standesherrſchaft, der ſie dem Namen
giebt, dem regierenden Herzoge von Kurland,
der ſie durch ſeine Beamten verwalten laͤßt.
Da er kein baares Geld herausziehen kann, ſo
bezieht er ſeine Einkuͤnfte, wie man mir ſagte,
in Tuͤchern, deren hier, von den ſchlechtern und
mittlern Gattungen, ein Betraͤchtliches verfer-
tigt wird. Auch iſt das Gewerk der Tuchwe-
ber hier das zahlreichſte.

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[213/0223] durch die man hineinfaͤhrt, noch ein wenig pol- niſch und faſt ganz mit hoͤlzernen Haͤuſern be- ſetzt; aber die Stadt ſelbſt iſt reinlich und hat, fuͤr ihre Groͤße, ziemlich breite, gepflaſterte Stra- ßen; die Haͤuſer ſind von Fachwerk, mit Far- ben abgeputzt, und haben undurchloͤcherte, rein- gehaltene Glasfenſter, hinter denen man wie- der Vorhaͤnge ſieht. Die Einwohner, die man auf den Straßen erblickt, ſind reinlich geklei- det, und alles verraͤth eine gewiſſe Betriebſam- keit und mithin einen Wohlſtand, der mit der polniſchen Art zu ſeyn, einen ſehr auffallenden Kontraſt macht. Bekanntlich gehoͤrt dieß Staͤdtchen und die freye Standesherrſchaft, der ſie dem Namen giebt, dem regierenden Herzoge von Kurland, der ſie durch ſeine Beamten verwalten laͤßt. Da er kein baares Geld herausziehen kann, ſo bezieht er ſeine Einkuͤnfte, wie man mir ſagte, in Tuͤchern, deren hier, von den ſchlechtern und mittlern Gattungen, ein Betraͤchtliches verfer- tigt wird. Auch iſt das Gewerk der Tuchwe- ber hier das zahlreichſte.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/223>, abgerufen am 02.05.2024.