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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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gesagt hatten. Es versteht sich von selbst, daß
die abgesandten Reichsboten meist von ihrem
Alter, und daß sie ihren Grundsätzen zugethan
waren.

Diese Grundsätze, die mehr aus einer dich-
terischen, als aus einer überlegten, Vaterlands-
liebe kamen, brachten denn auch jene Hoffnun-
gen, Entwürfe und politischen Berechnungen
hervor, die so voreilig und unüberlegt waren,
als sie im Eingange dieses Abschnittes darge-
stellt, und durch die nachmaligen Folgen be-
währt worden sind. Aeltere Staatsbürger, die
nicht einmal zu der russischen, stehenden Par-
tey gehörten, äußerten ihre Bedenklichkeiten;
aber das Geschrey der zuversichtlichen Jugend
ließ sie nicht zu Worte kommen. Der König,
nach dem seit 1773 bey ihm befestigten Grund-
satze, es mit dem Stärkern nicht mehr zu ver-
derben, mißbilligte das plötzlich erhobene Ge-
räusch und blieb Rußland noch getreu, wenn
es ihm auch, wie die Folge zeigte, vielleicht
im Grunde schmeichelte, seine Jugend thätig

geſagt hatten. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß
die abgeſandten Reichsboten meiſt von ihrem
Alter, und daß ſie ihren Grundſaͤtzen zugethan
waren.

Dieſe Grundſaͤtze, die mehr aus einer dich-
teriſchen, als aus einer uͤberlegten, Vaterlands-
liebe kamen, brachten denn auch jene Hoffnun-
gen, Entwuͤrfe und politiſchen Berechnungen
hervor, die ſo voreilig und unuͤberlegt waren,
als ſie im Eingange dieſes Abſchnittes darge-
ſtellt, und durch die nachmaligen Folgen be-
waͤhrt worden ſind. Aeltere Staatsbuͤrger, die
nicht einmal zu der ruſſiſchen, ſtehenden Par-
tey gehoͤrten, aͤußerten ihre Bedenklichkeiten;
aber das Geſchrey der zuverſichtlichen Jugend
ließ ſie nicht zu Worte kommen. Der Koͤnig,
nach dem ſeit 1773 bey ihm befeſtigten Grund-
ſatze, es mit dem Staͤrkern nicht mehr zu ver-
derben, mißbilligte das ploͤtzlich erhobene Ge-
raͤuſch und blieb Rußland noch getreu, wenn
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[159/0169] geſagt hatten. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die abgeſandten Reichsboten meiſt von ihrem Alter, und daß ſie ihren Grundſaͤtzen zugethan waren. Dieſe Grundſaͤtze, die mehr aus einer dich- teriſchen, als aus einer uͤberlegten, Vaterlands- liebe kamen, brachten denn auch jene Hoffnun- gen, Entwuͤrfe und politiſchen Berechnungen hervor, die ſo voreilig und unuͤberlegt waren, als ſie im Eingange dieſes Abſchnittes darge- ſtellt, und durch die nachmaligen Folgen be- waͤhrt worden ſind. Aeltere Staatsbuͤrger, die nicht einmal zu der ruſſiſchen, ſtehenden Par- tey gehoͤrten, aͤußerten ihre Bedenklichkeiten; aber das Geſchrey der zuverſichtlichen Jugend ließ ſie nicht zu Worte kommen. Der Koͤnig, nach dem ſeit 1773 bey ihm befeſtigten Grund- ſatze, es mit dem Staͤrkern nicht mehr zu ver- derben, mißbilligte das ploͤtzlich erhobene Ge- raͤuſch und blieb Rußland noch getreu, wenn es ihm auch, wie die Folge zeigte, vielleicht im Grunde ſchmeichelte, ſeine Jugend thaͤtig

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/169>, abgerufen am 24.11.2024.