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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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ten, als der Herrschsucht der Katholiken zu
danken. Anstatt durch Eintracht einen Wall
gegen den Eindrang dieser zu bilden, schwäch-
ten sie sich selbst durch ärgerliche Jntoleranz;
und die Katholiken nutzten den feindseligen
Grundsatz: "unterhalte Zwiespalt und du bist
Herr," mit dem glücklichsten Erfolge. Sie
veruneinigten die Griechen unter einander, in-
dem sie dieselben mit ihrer Kirche zu verbinden
suchten. Einige griechische Bischöfe gingen in
diesen Plan ein, schlossen sich an die katho-
lische Kirche und huldigten dem Pabst; andere
arbeiteten mit Macht dagegen. Eine vollkomm-
ne Spaltung war die Folge davon. Die eine
Partey nannte sich die unierte, die andre
die nichtunierte griechische Kirche; diese
erkannte für ihr höchstes kirchliches Oberhaupt
den Patriarchen von Konstantinopel, jene den
Papst. Die nichtunierte führte unaufhör-
lich Klage gegen die unierte, daß sie den
Glauben ihrer Väter untergrabe, geistliche
Aemter und griechische Kirchengüter sich an-

ten, als der Herrſchſucht der Katholiken zu
danken. Anſtatt durch Eintracht einen Wall
gegen den Eindrang dieſer zu bilden, ſchwaͤch-
ten ſie ſich ſelbſt durch aͤrgerliche Jntoleranz;
und die Katholiken nutzten den feindſeligen
Grundſatz: „unterhalte Zwieſpalt und du biſt
Herr,“ mit dem gluͤcklichſten Erfolge. Sie
veruneinigten die Griechen unter einander, in-
dem ſie dieſelben mit ihrer Kirche zu verbinden
ſuchten. Einige griechiſche Biſchoͤfe gingen in
dieſen Plan ein, ſchloſſen ſich an die katho-
liſche Kirche und huldigten dem Pabſt; andere
arbeiteten mit Macht dagegen. Eine vollkomm-
ne Spaltung war die Folge davon. Die eine
Partey nannte ſich die unierte, die andre
die nichtunierte griechiſche Kirche; dieſe
erkannte fuͤr ihr hoͤchſtes kirchliches Oberhaupt
den Patriarchen von Konſtantinopel, jene den
Papſt. Die nichtunierte fuͤhrte unaufhoͤr-
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[98/0108] ten, als der Herrſchſucht der Katholiken zu danken. Anſtatt durch Eintracht einen Wall gegen den Eindrang dieſer zu bilden, ſchwaͤch- ten ſie ſich ſelbſt durch aͤrgerliche Jntoleranz; und die Katholiken nutzten den feindſeligen Grundſatz: „unterhalte Zwieſpalt und du biſt Herr,“ mit dem gluͤcklichſten Erfolge. Sie veruneinigten die Griechen unter einander, in- dem ſie dieſelben mit ihrer Kirche zu verbinden ſuchten. Einige griechiſche Biſchoͤfe gingen in dieſen Plan ein, ſchloſſen ſich an die katho- liſche Kirche und huldigten dem Pabſt; andere arbeiteten mit Macht dagegen. Eine vollkomm- ne Spaltung war die Folge davon. Die eine Partey nannte ſich die unierte, die andre die nichtunierte griechiſche Kirche; dieſe erkannte fuͤr ihr hoͤchſtes kirchliches Oberhaupt den Patriarchen von Konſtantinopel, jene den Papſt. Die nichtunierte fuͤhrte unaufhoͤr- lich Klage gegen die unierte, daß ſie den Glauben ihrer Vaͤter untergrabe, geiſtliche Aemter und griechiſche Kirchenguͤter ſich an-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/108>, abgerufen am 04.05.2024.