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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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vorher als Pole gestutzt trug, dicht an den
Kopf mehr geklebt als gebunden werden müs-
sen. Es versteht sich, daß man ihn auch mit
Ringen, Tabacksdosen, Spitzen, und mit ei-
nem brillantirten Stutzerdegen versorgt hatte,
um die Karrikatur vollständig zu machen.
Seine Rede war Spiel und Weiber. Mit
seinem ersten Freunde schien er gänzlich ent-
zweyet, und man sah sie nicht beysammen.

Einige Tage darauf bemerkte ich ihn auf
der Krakauer Vorstadt im zweyten Stock ei-
nes Hauses, das ganz zum Vermiethen be-
stimmt war. Zwey seiner neuen Begleiter
standen um ihn. Er selbst zeigte sich in einem
Anzüge und Benehmen, daß man wohl sehen
konnte, er sey da zu Hause. Es fand sich,
auf Erkundigung, auch so. Er hatte sich für
neunzig Dukaten monatlich dort eingemiethet.

Jch sah ihn in ungefähr vierzehn Tagen
nicht wieder, denn er kam nicht mehr in den
Adler zu Tische, auch in keine große anständi-
ge Gesellschaft mehr. Es hieß, er habe einen

Koch

vorher als Pole geſtutzt trug, dicht an den
Kopf mehr geklebt alſ gebunden werden muͤſ-
ſen. Eſ verſteht ſich, daß man ihn auch mit
Ringen, Tabackſdoſen, Spitzen, und mit ei-
nem brillantirten Stutzerdegen verſorgt hatte,
um die Karrikatur vollſtaͤndig zu machen.
Seine Rede war Spiel und Weiber. Mit
ſeinem erſten Freunde ſchien er gaͤnzlich ent-
zweyet, und man ſah ſie nicht beyſammen.

Einige Tage darauf bemerkte ich ihn auf
der Krakauer Vorſtadt im zweyten Stock ei-
nes Hauſes, das ganz zum Vermiethen be-
ſtimmt war. Zwey ſeiner neuen Begleiter
ſtanden um ihn. Er ſelbſt zeigte ſich in einem
Anzuͤge und Benehmen, daß man wohl ſehen
konnte, er ſey da zu Hauſe. Es fand ſich,
auf Erkundigung, auch ſo. Er hatte ſich fuͤr
neunzig Dukaten monatlich dort eingemiethet.

Jch ſah ihn in ungefaͤhr vierzehn Tagen
nicht wieder, denn er kam nicht mehr in den
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[16/0026] vorher als Pole geſtutzt trug, dicht an den Kopf mehr geklebt alſ gebunden werden muͤſ- ſen. Eſ verſteht ſich, daß man ihn auch mit Ringen, Tabackſdoſen, Spitzen, und mit ei- nem brillantirten Stutzerdegen verſorgt hatte, um die Karrikatur vollſtaͤndig zu machen. Seine Rede war Spiel und Weiber. Mit ſeinem erſten Freunde ſchien er gaͤnzlich ent- zweyet, und man ſah ſie nicht beyſammen. Einige Tage darauf bemerkte ich ihn auf der Krakauer Vorſtadt im zweyten Stock ei- nes Hauſes, das ganz zum Vermiethen be- ſtimmt war. Zwey ſeiner neuen Begleiter ſtanden um ihn. Er ſelbſt zeigte ſich in einem Anzuͤge und Benehmen, daß man wohl ſehen konnte, er ſey da zu Hauſe. Es fand ſich, auf Erkundigung, auch ſo. Er hatte ſich fuͤr neunzig Dukaten monatlich dort eingemiethet. Jch ſah ihn in ungefaͤhr vierzehn Tagen nicht wieder, denn er kam nicht mehr in den Adler zu Tiſche, auch in keine große anſtaͤndi- ge Geſellſchaft mehr. Eſ hieß, er habe einen Koch

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/26>, abgerufen am 27.04.2024.