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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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den Anzug vollständig. Seine drey neuen
Freunde hatten ihn seit einigen Tagen über
sein altpolnisches Wesen, wie sie es nannten,
geneckt; heute, wo er, ohne Zweifel auf ihre
Winke hin, sehr neumodisch erschien, fragten
sie ihn, wie er es denn so geschickt gemacht
habe, seine neuen Stiefeln von rothem Saf-
fian und sein neues Kleid nicht zu beflecken,
da er doch zu Fuße gekommen sey? Wo Te-
lemach seinen Mentor gelassen habe? (Der Ar-
tillerieofficier war nicht bey ihm) Wie sich
seine Lehrmeister befänden? Ob er auch seine
Ausgaben hübsch eingeschrieben habe? u. s. w.
Anstatt zu lachen, schämte er sich und ward
böse. Einer seiner neuen Freunde bot ihm für
seine Rückkehr nach Hause seinen Wagen an,
und er fügte sich diesem Anerbieten mit Freu-
den. Gegen Abend traf ich ihn bey der Schwe-
ster des Königs. Sein sonstiger Begleiter war
nicht bey ihm, aber wohl zwey seiner neuen
Freunde, die ihn ihren Bekannten, jungen
Reichsboten und Officieren von der National-

den Anzug vollſtaͤndig. Seine drey neuen
Freunde hatten ihn ſeit einigen Tagen uͤber
ſein altpolniſches Weſen, wie ſie es nannten,
geneckt; heute, wo er, ohne Zweifel auf ihre
Winke hin, ſehr neumodiſch erſchien, fragten
ſie ihn, wie er es denn ſo geſchickt gemacht
habe, ſeine neuen Stiefeln von rothem Saf-
fian und ſein neues Kleid nicht zu beflecken,
da er doch zu Fuße gekommen ſey? Wo Te-
lemach ſeinen Mentor gelaſſen habe? (Der Ar-
tillerieofficier war nicht bey ihm) Wie ſich
ſeine Lehrmeiſter befaͤnden? Ob er auch ſeine
Ausgaben huͤbſch eingeſchrieben habe? u. ſ. w.
Anſtatt zu lachen, ſchaͤmte er ſich und ward
boͤſe. Einer ſeiner neuen Freunde bot ihm fuͤr
ſeine Ruͤckkehr nach Hauſe ſeinen Wagen an,
und er fuͤgte ſich dieſem Anerbieten mit Freu-
den. Gegen Abend traf ich ihn bey der Schwe-
ſter des Koͤnigs. Sein ſonſtiger Begleiter war
nicht bey ihm, aber wohl zwey ſeiner neuen
Freunde, die ihn ihren Bekannten, jungen
Reichsboten und Officieren von der National-

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[21/0022] den Anzug vollſtaͤndig. Seine drey neuen Freunde hatten ihn ſeit einigen Tagen uͤber ſein altpolniſches Weſen, wie ſie es nannten, geneckt; heute, wo er, ohne Zweifel auf ihre Winke hin, ſehr neumodiſch erſchien, fragten ſie ihn, wie er es denn ſo geſchickt gemacht habe, ſeine neuen Stiefeln von rothem Saf- fian und ſein neues Kleid nicht zu beflecken, da er doch zu Fuße gekommen ſey? Wo Te- lemach ſeinen Mentor gelaſſen habe? (Der Ar- tillerieofficier war nicht bey ihm) Wie ſich ſeine Lehrmeiſter befaͤnden? Ob er auch ſeine Ausgaben huͤbſch eingeſchrieben habe? u. ſ. w. Anſtatt zu lachen, ſchaͤmte er ſich und ward boͤſe. Einer ſeiner neuen Freunde bot ihm fuͤr ſeine Ruͤckkehr nach Hauſe ſeinen Wagen an, und er fuͤgte ſich dieſem Anerbieten mit Freu- den. Gegen Abend traf ich ihn bey der Schwe- ſter des Koͤnigs. Sein ſonſtiger Begleiter war nicht bey ihm, aber wohl zwey ſeiner neuen Freunde, die ihn ihren Bekannten, jungen Reichsboten und Officieren von der National-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/22>, abgerufen am 26.04.2024.