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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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niedere Adel und der wohlhabende Bürger pol-
nischer Abkunft, werden sich noch nicht sobald
von ihren geschornen Köpfen und von den
Zwickelbärten trennen. Nach den neuern Be-
griffen von Schönheit und Geschmack, ist die-
ser Zwickelbart freylich eben so verwerflich, als
der geschorne Kopf, weil, beyde zusammen ge-
nommen, eine widerliche Mischung von Mönch
und Soldat darstellen.

Der Säbel, der sonst dem Polen angebo-
ren schien, hat auch viel von seiner Allgemein-
heit verloren. Theils hat er sich in einen
Stutzerdegen verwandelt, theils ist er ganz ab-
gelegt, seitdem die englischen Fracke bey der
jüngern feinen Welt beliebt geworden sind. Jn-
dessen kann man doch noch keinen anständigen
Besuch ohne Säbel oder Degen machen, ob-
gleich es in manchen großen Häusern, beson-
ders in denen von neuerm Tone, nicht mehr
auffällt, wenn man im Frack zu Tische kömmt.
Uebrigens sieht man nicht darauf, Säbel und
Degen, Kurtka und französisches Kleid, Na-

niedere Adel und der wohlhabende Buͤrger pol-
niſcher Abkunft, werden ſich noch nicht ſobald
von ihren geſchornen Koͤpfen und von den
Zwickelbaͤrten trennen. Nach den neuern Be-
griffen von Schoͤnheit und Geſchmack, iſt die-
ſer Zwickelbart freylich eben ſo verwerflich, als
der geſchorne Kopf, weil, beyde zuſammen ge-
nommen, eine widerliche Miſchung von Moͤnch
und Soldat darſtellen.

Der Saͤbel, der ſonſt dem Polen angebo-
ren ſchien, hat auch viel von ſeiner Allgemein-
heit verloren. Theils hat er ſich in einen
Stutzerdegen verwandelt, theils iſt er ganz ab-
gelegt, ſeitdem die engliſchen Fracke bey der
juͤngern feinen Welt beliebt geworden ſind. Jn-
deſſen kann man doch noch keinen anſtaͤndigen
Beſuch ohne Saͤbel oder Degen machen, ob-
gleich es in manchen großen Haͤuſern, beſon-
ders in denen von neuerm Tone, nicht mehr
auffaͤllt, wenn man im Frack zu Tiſche koͤmmt.
Uebrigens ſieht man nicht darauf, Saͤbel und
Degen, Kurtka und franzoͤſiſches Kleid, Na-

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[202/0212] niedere Adel und der wohlhabende Buͤrger pol- niſcher Abkunft, werden ſich noch nicht ſobald von ihren geſchornen Koͤpfen und von den Zwickelbaͤrten trennen. Nach den neuern Be- griffen von Schoͤnheit und Geſchmack, iſt die- ſer Zwickelbart freylich eben ſo verwerflich, als der geſchorne Kopf, weil, beyde zuſammen ge- nommen, eine widerliche Miſchung von Moͤnch und Soldat darſtellen. Der Saͤbel, der ſonſt dem Polen angebo- ren ſchien, hat auch viel von ſeiner Allgemein- heit verloren. Theils hat er ſich in einen Stutzerdegen verwandelt, theils iſt er ganz ab- gelegt, ſeitdem die engliſchen Fracke bey der juͤngern feinen Welt beliebt geworden ſind. Jn- deſſen kann man doch noch keinen anſtaͤndigen Beſuch ohne Saͤbel oder Degen machen, ob- gleich es in manchen großen Haͤuſern, beſon- ders in denen von neuerm Tone, nicht mehr auffaͤllt, wenn man im Frack zu Tiſche koͤmmt. Uebrigens ſieht man nicht darauf, Saͤbel und Degen, Kurtka und franzoͤſiſches Kleid, Na-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/212>, abgerufen am 25.11.2024.