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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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und kommen endlich, diese Umstände wohl er-
wogen, überein, wer Recht behalten soll, der
Kläger oder der Beklagte. Mehrentheils be-
kömmt keiner von beyden ganz Recht, oder
ganz Unrecht, und eine künstlich gestellte, in
verwickelten Perioden ausgedruckte, für beyde
Parteyen nicht ungünstig klingende, Entschei-
dung, beschließt das Ganze. Richter, Refe-
renten und Advokaten theilen sodann, was sie
ihren Klienten geraubt haben, wobey diese Be-
trüger wiederum alle ihre List aufbieten, sich
unter einander selbst zu betrügen. Jch über-
gehe, was sie noch, im Laufe des Rechtshan-
dels, durch die Angst und Besorgnisse, worin
sie die Parten zu erhalten wissen, durch ge-
flissentliche Verzögerungen ihrer Arbeiten, die
man mit immer neuen Geschenken anfeuern
muß, durch Abschreibe- oder Druckkosten und
dergl. zu erpressen pflegen.

Uebrigens nährt dieß Handwerk sie treflich.
Einige besitzen eigene große Häuser in War-
schau und leben auf einem ansehnlichen Fuße.

und kommen endlich, dieſe Umſtaͤnde wohl er-
wogen, uͤberein, wer Recht behalten ſoll, der
Klaͤger oder der Beklagte. Mehrentheils be-
koͤmmt keiner von beyden ganz Recht, oder
ganz Unrecht, und eine kuͤnſtlich geſtellte, in
verwickelten Perioden ausgedruckte, fuͤr beyde
Parteyen nicht unguͤnſtig klingende, Entſchei-
dung, beſchließt das Ganze. Richter, Refe-
renten und Advokaten theilen ſodann, was ſie
ihren Klienten geraubt haben, wobey dieſe Be-
truͤger wiederum alle ihre Liſt aufbieten, ſich
unter einander ſelbſt zu betruͤgen. Jch uͤber-
gehe, was ſie noch, im Laufe des Rechtshan-
dels, durch die Angſt und Beſorgniſſe, worin
ſie die Parten zu erhalten wiſſen, durch ge-
fliſſentliche Verzoͤgerungen ihrer Arbeiten, die
man mit immer neuen Geſchenken anfeuern
muß, durch Abſchreibe- oder Druckkoſten und
dergl. zu erpreſſen pflegen.

Uebrigens naͤhrt dieß Handwerk ſie treflich.
Einige beſitzen eigene große Haͤuſer in War-
ſchau und leben auf einem anſehnlichen Fuße.

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[187/0197] und kommen endlich, dieſe Umſtaͤnde wohl er- wogen, uͤberein, wer Recht behalten ſoll, der Klaͤger oder der Beklagte. Mehrentheils be- koͤmmt keiner von beyden ganz Recht, oder ganz Unrecht, und eine kuͤnſtlich geſtellte, in verwickelten Perioden ausgedruckte, fuͤr beyde Parteyen nicht unguͤnſtig klingende, Entſchei- dung, beſchließt das Ganze. Richter, Refe- renten und Advokaten theilen ſodann, was ſie ihren Klienten geraubt haben, wobey dieſe Be- truͤger wiederum alle ihre Liſt aufbieten, ſich unter einander ſelbſt zu betruͤgen. Jch uͤber- gehe, was ſie noch, im Laufe des Rechtshan- dels, durch die Angſt und Beſorgniſſe, worin ſie die Parten zu erhalten wiſſen, durch ge- fliſſentliche Verzoͤgerungen ihrer Arbeiten, die man mit immer neuen Geſchenken anfeuern muß, durch Abſchreibe- oder Druckkoſten und dergl. zu erpreſſen pflegen. Uebrigens naͤhrt dieß Handwerk ſie treflich. Einige beſitzen eigene große Haͤuſer in War- ſchau und leben auf einem anſehnlichen Fuße.

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/197>, abgerufen am 21.11.2024.