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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Die Mitglieder der Advokatenzunft sind meist
von Adel, aber von demjenigen, der nicht be-
sitzlich ist, der mithin, wenn er nicht von dem
Höhern pachten, oder sich sonst von ihm brau-
chen lassen will, sich der Feder ergiebt und die
Stellen der Schreiber bey Privatleuten, wie
bey den Staatskollegien, und der Advokaten,
Archivare, Unterrichter etc. ausfüllt. Da diese
Leute einen Anstrich von Kenntnissen haben,
die den Vorsitzern und Richtern fehlen, so sind
sie es eigentlich, welche die Gerichtshöfe be-
herrschen, und durch deren Mund jene abspre-
chen. Diesen Einfluß wissen sie treflich zu
Gelde zu machen. Gewöhnlich stellen sie sich,
wenn man sie zu einem Rechtshandel anneh-
men will, als ob sie schon übermäßig mit Ar-
beiten beladen wären; man ist also gezwungen,
ihnen ein ansehnliches Geschenk zu machen,
damit sie sich nur mit einer Sache befassen,
und dieß hat mit dem Lohne für ihre Arbeiten
selbst gar nichts gemein. Sodann erinnern
sie an die Opfer, die man den Richtern und

Die Mitglieder der Advokatenzunft ſind meiſt
von Adel, aber von demjenigen, der nicht be-
ſitzlich iſt, der mithin, wenn er nicht von dem
Hoͤhern pachten, oder ſich ſonſt von ihm brau-
chen laſſen will, ſich der Feder ergiebt und die
Stellen der Schreiber bey Privatleuten, wie
bey den Staatskollegien, und der Advokaten,
Archivare, Unterrichter ꝛc. ausfuͤllt. Da dieſe
Leute einen Anſtrich von Kenntniſſen haben,
die den Vorſitzern und Richtern fehlen, ſo ſind
ſie es eigentlich, welche die Gerichtshoͤfe be-
herrſchen, und durch deren Mund jene abſpre-
chen. Dieſen Einfluß wiſſen ſie treflich zu
Gelde zu machen. Gewoͤhnlich ſtellen ſie ſich,
wenn man ſie zu einem Rechtshandel anneh-
men will, als ob ſie ſchon uͤbermaͤßig mit Ar-
beiten beladen waͤren; man iſt alſo gezwungen,
ihnen ein anſehnliches Geſchenk zu machen,
damit ſie ſich nur mit einer Sache befaſſen,
und dieß hat mit dem Lohne fuͤr ihre Arbeiten
ſelbſt gar nichts gemein. Sodann erinnern
ſie an die Opfer, die man den Richtern und

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[185/0195] Die Mitglieder der Advokatenzunft ſind meiſt von Adel, aber von demjenigen, der nicht be- ſitzlich iſt, der mithin, wenn er nicht von dem Hoͤhern pachten, oder ſich ſonſt von ihm brau- chen laſſen will, ſich der Feder ergiebt und die Stellen der Schreiber bey Privatleuten, wie bey den Staatskollegien, und der Advokaten, Archivare, Unterrichter ꝛc. ausfuͤllt. Da dieſe Leute einen Anſtrich von Kenntniſſen haben, die den Vorſitzern und Richtern fehlen, ſo ſind ſie es eigentlich, welche die Gerichtshoͤfe be- herrſchen, und durch deren Mund jene abſpre- chen. Dieſen Einfluß wiſſen ſie treflich zu Gelde zu machen. Gewoͤhnlich ſtellen ſie ſich, wenn man ſie zu einem Rechtshandel anneh- men will, als ob ſie ſchon uͤbermaͤßig mit Ar- beiten beladen waͤren; man iſt alſo gezwungen, ihnen ein anſehnliches Geſchenk zu machen, damit ſie ſich nur mit einer Sache befaſſen, und dieß hat mit dem Lohne fuͤr ihre Arbeiten ſelbſt gar nichts gemein. Sodann erinnern ſie an die Opfer, die man den Richtern und

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/195>, abgerufen am 24.11.2024.