alle Weiber hatten sich dagegen erklärt, selbst die Weiber der Patrioten, die jene Maßregel in Vorschlag gebracht oder gebilliget hatten. Sie sahen sie für die Zerstörerin ihrer Putz- tische, für die Ausräumerin ihrer Kleider- schränke, für die Räuberin ihrer Kostbarkeiten an. Allerdings verloren dadurch manche große Familien die Hälfte ihrer Einkünfte; und den Weibern that dieß um so weher, da mancher Gemal so freygebig gewesen war, sie mit ih- ren Nadelgeldern und kleinen Ausgaben auf eine Starostey anzuweisen. Als jener Beschluß dennoch durchging, mußten die Beförderer des- selben es schmerzlich büßen. Viele ihrer Freun- dinnen brachen mit ihnen; viele wurden kalt; viele alte Verbindungen wurden erschüttert. Man reis'te ganz von Warschau ab, man schloß sich ein, man verkaufte Whyskys, man bot sogar seine Nippes zum Kauf aus. Aber die schmerzlichste Kränkung widerfuhr dabey dem Könige! Sonst versammelte sich alles, was Schönes in Warschau war, von Kostbar-
alle Weiber hatten ſich dagegen erklaͤrt, ſelbſt die Weiber der Patrioten, die jene Maßregel in Vorſchlag gebracht oder gebilliget hatten. Sie ſahen ſie fuͤr die Zerſtoͤrerin ihrer Putz- tiſche, fuͤr die Ausraͤumerin ihrer Kleider- ſchraͤnke, fuͤr die Raͤuberin ihrer Koſtbarkeiten an. Allerdings verloren dadurch manche große Familien die Haͤlfte ihrer Einkuͤnfte; und den Weibern that dieß um ſo weher, da mancher Gemal ſo freygebig geweſen war, ſie mit ih- ren Nadelgeldern und kleinen Ausgaben auf eine Staroſtey anzuweiſen. Als jener Beſchluß dennoch durchging, mußten die Befoͤrderer deſ- ſelben es ſchmerzlich buͤßen. Viele ihrer Freun- dinnen brachen mit ihnen; viele wurden kalt; viele alte Verbindungen wurden erſchuͤttert. Man reiſ'te ganz von Warſchau ab, man ſchloß ſich ein, man verkaufte Whyskys, man bot ſogar ſeine Nippes zum Kauf aus. Aber die ſchmerzlichſte Kraͤnkung widerfuhr dabey dem Koͤnige! Sonſt verſammelte ſich alles, was Schoͤnes in Warſchau war, von Koſtbar-
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alle Weiber hatten ſich dagegen erklaͤrt, ſelbſt
die Weiber der Patrioten, die jene Maßregel
in Vorſchlag gebracht oder gebilliget hatten.
Sie ſahen ſie fuͤr die Zerſtoͤrerin ihrer Putz-
tiſche, fuͤr die Ausraͤumerin ihrer Kleider-
ſchraͤnke, fuͤr die Raͤuberin ihrer Koſtbarkeiten
an. Allerdings verloren dadurch manche große
Familien die Haͤlfte ihrer Einkuͤnfte; und den
Weibern that dieß um ſo weher, da mancher
Gemal ſo freygebig geweſen war, ſie mit ih-
ren Nadelgeldern und kleinen Ausgaben auf
eine Staroſtey anzuweiſen. Als jener Beſchluß
dennoch durchging, mußten die Befoͤrderer deſ-
ſelben es ſchmerzlich buͤßen. Viele ihrer Freun-
dinnen brachen mit ihnen; viele wurden kalt;
viele alte Verbindungen wurden erſchuͤttert.
Man reiſ'te ganz von Warſchau ab, man
ſchloß ſich ein, man verkaufte Whyskys, man
bot ſogar ſeine Nippes zum Kauf aus. Aber
die ſchmerzlichſte Kraͤnkung widerfuhr dabey
dem Koͤnige! Sonſt verſammelte ſich alles,
was Schoͤnes in Warſchau war, von Koſtbar-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/172>, abgerufen am 16.02.2025.
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