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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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als in Polen. Es sind wenig große Häuser,
deren ökonomische Umstände nicht darunter lit-
ten; es sind wenig einzelne Personen, deren
politischer und moralischer Charakter nicht da-
durch, zum Theil oder ganz, verdorben würde.
Der ewige Ausfall zwischen Vermögen und
Aufwand; die Nothwendigkeit, diesen Ausfall
zu decken, wenn man auf dem vorigen Fuße
fortglänzen will; die Menge von Leuten, die
in diesem Punkt in einer gleichen Lage sind,
die also gleiche Mittel ergreifen müssen, um
sich zu erhalten -- erregen einen Wetteifer,
eine Reibung, eine Gewinnsucht, mithin einen
Egoismus, der sich vielleicht nirgends so deut-
lich, so offen ausdrückt, als in Polen. Kei-
ner hilft dem andern, wenn er nicht dabey zu
gewinnen weiß, sey es an Einfluß oder an
Gelde; gewinnt er aber, so hilft er, wäre es
auch bey den ungerechtesten Dingen. Jeder
macht seine Würde, seinen Einfluß, und seine
Stelle zu Gelde, weil ihr Erwerb ihm Geld
gekostet hat, das er wieder herausmarkten

Drittes Heft. H

als in Polen. Es ſind wenig große Haͤuſer,
deren oͤkonomiſche Umſtaͤnde nicht darunter lit-
ten; es ſind wenig einzelne Perſonen, deren
politiſcher und moraliſcher Charakter nicht da-
durch, zum Theil oder ganz, verdorben wuͤrde.
Der ewige Ausfall zwiſchen Vermoͤgen und
Aufwand; die Nothwendigkeit, dieſen Ausfall
zu decken, wenn man auf dem vorigen Fuße
fortglaͤnzen will; die Menge von Leuten, die
in dieſem Punkt in einer gleichen Lage ſind,
die alſo gleiche Mittel ergreifen muͤſſen, um
ſich zu erhalten — erregen einen Wetteifer,
eine Reibung, eine Gewinnſucht, mithin einen
Egoismus, der ſich vielleicht nirgends ſo deut-
lich, ſo offen ausdruͤckt, als in Polen. Kei-
ner hilft dem andern, wenn er nicht dabey zu
gewinnen weiß, ſey es an Einfluß oder an
Gelde; gewinnt er aber, ſo hilft er, waͤre es
auch bey den ungerechteſten Dingen. Jeder
macht ſeine Wuͤrde, ſeinen Einfluß, und ſeine
Stelle zu Gelde, weil ihr Erwerb ihm Geld
gekoſtet hat, das er wieder herausmarkten

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[113/0123] als in Polen. Es ſind wenig große Haͤuſer, deren oͤkonomiſche Umſtaͤnde nicht darunter lit- ten; es ſind wenig einzelne Perſonen, deren politiſcher und moraliſcher Charakter nicht da- durch, zum Theil oder ganz, verdorben wuͤrde. Der ewige Ausfall zwiſchen Vermoͤgen und Aufwand; die Nothwendigkeit, dieſen Ausfall zu decken, wenn man auf dem vorigen Fuße fortglaͤnzen will; die Menge von Leuten, die in dieſem Punkt in einer gleichen Lage ſind, die alſo gleiche Mittel ergreifen muͤſſen, um ſich zu erhalten — erregen einen Wetteifer, eine Reibung, eine Gewinnſucht, mithin einen Egoismus, der ſich vielleicht nirgends ſo deut- lich, ſo offen ausdruͤckt, als in Polen. Kei- ner hilft dem andern, wenn er nicht dabey zu gewinnen weiß, ſey es an Einfluß oder an Gelde; gewinnt er aber, ſo hilft er, waͤre es auch bey den ungerechteſten Dingen. Jeder macht ſeine Wuͤrde, ſeinen Einfluß, und ſeine Stelle zu Gelde, weil ihr Erwerb ihm Geld gekoſtet hat, das er wieder herausmarkten Drittes Heft. H

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/123>, abgerufen am 25.11.2024.