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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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zweiter Klasse, den Stab vorträgt, gehend
wenn der Primas geht, reitend wenn er fährt,
aber immer zur Linken, weil der Kanonikus,
der ihm ein Kreuz vorträgt, die Rechte ein-
nimmt. Dieser Kreuzträger ist dem Primas
zur Seite, wo er sich auch befindet, im Se-
nat und auf dem Reichstage. Der Marschall
des Primas ist Kastellan, und die Marschälle
des Reichs sind nur Minister aus dem Sena-
torenstande; dagegen muß jener den Marschall-
stab dort senken, wo die Stäbe der Krone
und Litthauens sich aufrecht zeigen. Noch hat
der Primas, außer dem Marschall und Kreuz-
träger, einen Kanzler, einen Referendar, Kam-
merherrn, Stall-, Jäger-, Küchen-, Keller-
und Silbermeister etc.; und endlich noch das
Recht, welches keiner der übrigen höchsten
Staatsbeamten hat: daß die Glocken von
Warschau geläutet werden, wenn es bei ihm
Zeit zum -- Mittagsessen ist.

Man verzeihe mir die Anführung dieser
letztern Kleinigkeiten. Sie stehen bloß als eine

zweiter Klaſſe, den Stab vortraͤgt, gehend
wenn der Primas geht, reitend wenn er faͤhrt,
aber immer zur Linken, weil der Kanonikus,
der ihm ein Kreuz vortraͤgt, die Rechte ein-
nimmt. Dieſer Kreuztraͤger iſt dem Primas
zur Seite, wo er ſich auch befindet, im Se-
nat und auf dem Reichstage. Der Marſchall
des Primas iſt Kaſtellan, und die Marſchaͤlle
des Reichs ſind nur Miniſter aus dem Sena-
torenſtande; dagegen muß jener den Marſchall-
ſtab dort ſenken, wo die Staͤbe der Krone
und Litthauens ſich aufrecht zeigen. Noch hat
der Primas, außer dem Marſchall und Kreuz-
traͤger, einen Kanzler, einen Referendar, Kam-
merherrn, Stall-, Jaͤger-, Kuͤchen-, Keller-
und Silbermeiſter ꝛc.; und endlich noch das
Recht, welches keiner der uͤbrigen hoͤchſten
Staatsbeamten hat: daß die Glocken von
Warſchau gelaͤutet werden, wenn es bei ihm
Zeit zum — Mittagseſſen iſt.

Man verzeihe mir die Anfuͤhrung dieſer
letztern Kleinigkeiten. Sie ſtehen bloß als eine

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[36/0046] zweiter Klaſſe, den Stab vortraͤgt, gehend wenn der Primas geht, reitend wenn er faͤhrt, aber immer zur Linken, weil der Kanonikus, der ihm ein Kreuz vortraͤgt, die Rechte ein- nimmt. Dieſer Kreuztraͤger iſt dem Primas zur Seite, wo er ſich auch befindet, im Se- nat und auf dem Reichstage. Der Marſchall des Primas iſt Kaſtellan, und die Marſchaͤlle des Reichs ſind nur Miniſter aus dem Sena- torenſtande; dagegen muß jener den Marſchall- ſtab dort ſenken, wo die Staͤbe der Krone und Litthauens ſich aufrecht zeigen. Noch hat der Primas, außer dem Marſchall und Kreuz- traͤger, einen Kanzler, einen Referendar, Kam- merherrn, Stall-, Jaͤger-, Kuͤchen-, Keller- und Silbermeiſter ꝛc.; und endlich noch das Recht, welches keiner der uͤbrigen hoͤchſten Staatsbeamten hat: daß die Glocken von Warſchau gelaͤutet werden, wenn es bei ihm Zeit zum — Mittagseſſen iſt. Man verzeihe mir die Anfuͤhrung dieſer letztern Kleinigkeiten. Sie ſtehen bloß als eine

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/46>, abgerufen am 26.04.2024.