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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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spielten das eine oder andre Jnstrument gut.
Aber etwas außerordentliches einnre ich mich
nicht gehört zu haben, vielleicht bloß aus dem
Grunde, daß der polnische Charakter zu un-
stät und die Lebensa;rt zu stürmisch ist, als
daß man Geduld und Zeit behalten sollte,
irgend ein Talent bis zur Vollkommenheit aus-
zubilden. Doch weiß man, was man an An-
lagen besitzt, durch eine ganz eigenthümliche
Anmuth und Leichtigkeit herausz;uheben, die
fast immer von einem vortheilhaften Körper,
den Natur und Kunst zu gleichen Theilen aus-
gearbeitet haben, unterstützt werden. So
gab es kein reizvolleres Gemälde, als die ver-
wittwete Fürstin Radziwil mit ihren vier Kin-
dern bey einer Musik. Sie selbst ist noch eine
schöne Frau, über deren Züge Sanftmuth
und Zärtlichkeit verbreitet sind. Jhre beyden
Söhne, wohlgebildete junge Männer; ihre
Töchter, Prinzessin Christine von sechsz;ehn,
Prinzessin Angelia von vierzehn Jahren, beyde
in einer verschiedenen Gattung reizend, hatten

Zweites Heft. N

ſpielten das eine oder andre Jnſtrument gut.
Aber etwas außerordentliches einnre ich mich
nicht gehoͤrt zu haben, vielleicht bloß aus dem
Grunde, daß der polniſche Charakter zu un-
ſtaͤt und die Lebensa;rt zu ſtuͤrmiſch iſt, als
daß man Geduld und Zeit behalten ſollte,
irgend ein Talent bis zur Vollkommenheit auſ-
zubilden. Doch weiß man, was man an An-
lagen beſitzt, durch eine ganz eigenthuͤmliche
Anmuth und Leichtigkeit herausz;uheben, die
faſt immer von einem vortheilhaften Koͤrper,
den Natur und Kunſt zu gleichen Theilen auſ-
gearbeitet haben, unterſtuͤtzt werden. So
gab es kein reizvolleres Gemaͤlde, als die ver-
wittwete Fuͤrſtin Radziwil mit ihren vier Kin-
dern bey einer Muſik. Sie ſelbſt iſt noch eine
ſchoͤne Frau, uͤber deren Zuͤge Sanftmuth
und Zaͤrtlichkeit verbreitet ſind. Jhre beyden
Soͤhne, wohlgebildete junge Maͤnner; ihre
Toͤchter, Prinzeſſin Chriſtine von ſechsz;ehn,
Prinzeſſin Angelia von vierzehn Jahren, beyde
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Zweites Heft. N
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[193/0203] ſpielten das eine oder andre Jnſtrument gut. Aber etwas außerordentliches einnre ich mich nicht gehoͤrt zu haben, vielleicht bloß aus dem Grunde, daß der polniſche Charakter zu un- ſtaͤt und die Lebensa;rt zu ſtuͤrmiſch iſt, als daß man Geduld und Zeit behalten ſollte, irgend ein Talent bis zur Vollkommenheit auſ- zubilden. Doch weiß man, was man an An- lagen beſitzt, durch eine ganz eigenthuͤmliche Anmuth und Leichtigkeit herausz;uheben, die faſt immer von einem vortheilhaften Koͤrper, den Natur und Kunſt zu gleichen Theilen auſ- gearbeitet haben, unterſtuͤtzt werden. So gab es kein reizvolleres Gemaͤlde, als die ver- wittwete Fuͤrſtin Radziwil mit ihren vier Kin- dern bey einer Muſik. Sie ſelbſt iſt noch eine ſchoͤne Frau, uͤber deren Zuͤge Sanftmuth und Zaͤrtlichkeit verbreitet ſind. Jhre beyden Soͤhne, wohlgebildete junge Maͤnner; ihre Toͤchter, Prinzeſſin Chriſtine von ſechsz;ehn, Prinzeſſin Angelia von vierzehn Jahren, beyde in einer verſchiedenen Gattung reizend, hatten Zweites Heft. N

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/203>, abgerufen am 03.05.2024.