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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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Fuße einer Girobank, besorgen: so ist ihr
Gewinn desto stärker und sicherer, indem sie
aus ihren Büchern sehen können, wie viel
oder wie wenig, ein Jahr in das andere ge-
rechnet, die Besitzlichkeiten solcher Familien
eintragen. Daß sie diese Kenntniß mehr zu
ihrem als zu jener Vortheil benutzen, versteht
sich von selbst, und daher der schnelle Wachs-
thum mancher Wechselhäuser in Warschau,
deren Besitzer zum Theil von allen, nur
nicht von Kopf, entblößt, in Warschau einge-
wandert sind.

Auf dieses schwankende Finanzsystem bauen
sie sodann ihre Art zu leben, sie mögen sich
in Warschau oder in fremden Ländern befin-
den. Letzteres ist bei den reichern polnischen
Familien sehr häufig der Fall, und in der
That hat auch keine Nation das Reisen nöthi-
ger als die polnische. Jhre Entfernung von
den mehr verfeinerten europäischen Ländern;
die Unmöglichkeit, sich in ihrem eigenen Va-
terlande von Dingen anschaulich zu unterrich-

Zweites Heft. L

Fuße einer Girobank, beſorgen: ſo iſt ihr
Gewinn deſto ſtaͤrker und ſicherer, indem ſie
aus ihren Buͤchern ſehen koͤnnen, wie viel
oder wie wenig, ein Jahr in das andere ge-
rechnet, die Beſitzlichkeiten ſolcher Familien
eintragen. Daß ſie dieſe Kenntniß mehr zu
ihrem als zu jener Vortheil benutzen, verſteht
ſich von ſelbſt, und daher der ſchnelle Wachs-
thum mancher Wechſelhaͤuſer in Warſchau,
deren Beſitzer zum Theil von allen, nur
nicht von Kopf, entbloͤßt, in Warſchau einge-
wandert ſind.

Auf dieſes ſchwankende Finanzſyſtem bauen
ſie ſodann ihre Art zu leben, ſie moͤgen ſich
in Warſchau oder in fremden Laͤndern befin-
den. Letzteres iſt bei den reichern polniſchen
Familien ſehr haͤufig der Fall, und in der
That hat auch keine Nation das Reiſen noͤthi-
ger als die polniſche. Jhre Entfernung von
den mehr verfeinerten europaͤiſchen Laͤndern;
die Unmoͤglichkeit, ſich in ihrem eigenen Va-
terlande von Dingen anſchaulich zu unterrich-

Zweites Heft. L
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[161/0171] Fuße einer Girobank, beſorgen: ſo iſt ihr Gewinn deſto ſtaͤrker und ſicherer, indem ſie aus ihren Buͤchern ſehen koͤnnen, wie viel oder wie wenig, ein Jahr in das andere ge- rechnet, die Beſitzlichkeiten ſolcher Familien eintragen. Daß ſie dieſe Kenntniß mehr zu ihrem als zu jener Vortheil benutzen, verſteht ſich von ſelbſt, und daher der ſchnelle Wachs- thum mancher Wechſelhaͤuſer in Warſchau, deren Beſitzer zum Theil von allen, nur nicht von Kopf, entbloͤßt, in Warſchau einge- wandert ſind. Auf dieſes ſchwankende Finanzſyſtem bauen ſie ſodann ihre Art zu leben, ſie moͤgen ſich in Warſchau oder in fremden Laͤndern befin- den. Letzteres iſt bei den reichern polniſchen Familien ſehr haͤufig der Fall, und in der That hat auch keine Nation das Reiſen noͤthi- ger als die polniſche. Jhre Entfernung von den mehr verfeinerten europaͤiſchen Laͤndern; die Unmoͤglichkeit, ſich in ihrem eigenen Va- terlande von Dingen anſchaulich zu unterrich- Zweites Heft. L

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/171>, abgerufen am 21.11.2024.