einer Tochter. Jhr Wohnsitz ist nicht fest be- stimmt und nicht ein Jahr wie das andre: bald ist er auf dem Lande, bald in der Stadt, bald in Wien, bald in Berlin, bald in Pa- ris, bald in England, bald in Jtalien. Jst er auf dem Lande, so schränkt er sich nicht auf Ein Gut ein, sondern er wird von einem zum andern, aus einer Woiwodschaft in die andre, versetzt. Wo sich die Familie befindet, ist täglich Hof; die Menge von Klienten und Beamten, die solch ein Haus, seiner ökonomi- schen und politischen Verhältnisse wegen, hat und unterhält, finden sich ein aus Pflicht, die Nachbarn aus Höflichkeit oder aus Poli- tik. Man hält offene Tafel, giebt Musiken, veranstaltet Schauspiele und ländliche Feste. Was man an Menschen braucht: Hofmeister, Kaplane, Kammerdiener, Tonkünstler, Aerzte, Schreiber, Bedienten u. s. w. führt man in einer Reihe von Wagen mit sich. Die Gar- derobe, der Keller, die Küche, die Betten etc. werden auf andern Fuhrwerken fortgeschaft.
einer Tochter. Jhr Wohnſitz iſt nicht feſt be- ſtimmt und nicht ein Jahr wie das andre: bald iſt er auf dem Lande, bald in der Stadt, bald in Wien, bald in Berlin, bald in Pa- ris, bald in England, bald in Jtalien. Jſt er auf dem Lande, ſo ſchraͤnkt er ſich nicht auf Ein Gut ein, ſondern er wird von einem zum andern, aus einer Woiwodſchaft in die andre, verſetzt. Wo ſich die Familie befindet, iſt taͤglich Hof; die Menge von Klienten und Beamten, die ſolch ein Haus, ſeiner oͤkonomi- ſchen und politiſchen Verhaͤltniſſe wegen, hat und unterhaͤlt, finden ſich ein aus Pflicht, die Nachbarn aus Hoͤflichkeit oder aus Poli- tik. Man haͤlt offene Tafel, giebt Muſiken, veranſtaltet Schauſpiele und laͤndliche Feſte. Was man an Menſchen braucht: Hofmeiſter, Kaplane, Kammerdiener, Tonkuͤnſtler, Aerzte, Schreiber, Bedienten u. ſ. w. fuͤhrt man in einer Reihe von Wagen mit ſich. Die Gar- derobe, der Keller, die Kuͤche, die Betten ꝛc. werden auf andern Fuhrwerken fortgeſchaft.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0132"n="122"/>
einer Tochter. Jhr Wohnſitz iſt nicht feſt be-<lb/>ſtimmt und nicht ein Jahr wie das andre:<lb/>
bald iſt er auf dem Lande, bald in der Stadt,<lb/>
bald in Wien, bald in Berlin, bald in Pa-<lb/>
ris, bald in England, bald in Jtalien. Jſt<lb/>
er auf dem Lande, ſo ſchraͤnkt er ſich nicht<lb/>
auf Ein Gut ein, ſondern er wird von einem<lb/>
zum andern, aus einer Woiwodſchaft in die<lb/>
andre, verſetzt. Wo ſich die Familie befindet,<lb/>
iſt taͤglich Hof; die Menge von Klienten und<lb/>
Beamten, die ſolch ein Haus, ſeiner oͤkonomi-<lb/>ſchen und politiſchen Verhaͤltniſſe wegen, hat<lb/>
und unterhaͤlt, finden ſich ein aus Pflicht,<lb/>
die Nachbarn aus Hoͤflichkeit oder aus Poli-<lb/>
tik. Man haͤlt offene Tafel, giebt Muſiken,<lb/>
veranſtaltet Schauſpiele und laͤndliche Feſte.<lb/>
Was man an Menſchen braucht: Hofmeiſter,<lb/>
Kaplane, Kammerdiener, Tonkuͤnſtler, Aerzte,<lb/>
Schreiber, Bedienten u. ſ. w. fuͤhrt man in<lb/>
einer Reihe von Wagen mit ſich. Die Gar-<lb/>
derobe, der Keller, die Kuͤche, die Betten ꝛc.<lb/>
werden auf andern Fuhrwerken fortgeſchaft.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[122/0132]
einer Tochter. Jhr Wohnſitz iſt nicht feſt be-
ſtimmt und nicht ein Jahr wie das andre:
bald iſt er auf dem Lande, bald in der Stadt,
bald in Wien, bald in Berlin, bald in Pa-
ris, bald in England, bald in Jtalien. Jſt
er auf dem Lande, ſo ſchraͤnkt er ſich nicht
auf Ein Gut ein, ſondern er wird von einem
zum andern, aus einer Woiwodſchaft in die
andre, verſetzt. Wo ſich die Familie befindet,
iſt taͤglich Hof; die Menge von Klienten und
Beamten, die ſolch ein Haus, ſeiner oͤkonomi-
ſchen und politiſchen Verhaͤltniſſe wegen, hat
und unterhaͤlt, finden ſich ein aus Pflicht,
die Nachbarn aus Hoͤflichkeit oder aus Poli-
tik. Man haͤlt offene Tafel, giebt Muſiken,
veranſtaltet Schauſpiele und laͤndliche Feſte.
Was man an Menſchen braucht: Hofmeiſter,
Kaplane, Kammerdiener, Tonkuͤnſtler, Aerzte,
Schreiber, Bedienten u. ſ. w. fuͤhrt man in
einer Reihe von Wagen mit ſich. Die Gar-
derobe, der Keller, die Kuͤche, die Betten ꝛc.
werden auf andern Fuhrwerken fortgeſchaft.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/132>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.