Säulenwerke, sind ebenfalls von Backstein, und mehrere Kirchen in den Vorstädten, ganz von Holz, ohne eine Spur von Kalk und Stein, erbauet*).
Warschau dankt den glänzendern Theil sei- nes Ausbaues jener Zeit, wo es noch mehr als jetzt schien, als ob es, außer dem Edel- manne, keine Menschen in Polen gäbe. Ein Großer, der König werden konnte, fiel leicht darauf, sich einen Pallast zu bauen, der König- lich war. Er konnte dies leicht ausführen, weil er seine Einkünfte königlich behandelte und seine Unterthanen willkührlich her kom- men und hin gehen zu lassen befugt war. Die Hauptstadt eines Landes, mit der Ver- fassung wie Polen sie hat, müßte eigentlich aus lauter Pallästen bestehen, wenn nicht die Besitzer derselben, der allgemeinen Menschheit, wenn auch sonst niemand, tributbar, Hände gebraucht hätten, um ihre stolzen Mauern auf-
*) Vergl. Berl. Mon. Schr. 1792. Jun. S. 552 fg.
Saͤulenwerke, ſind ebenfalls von Backſtein, und mehrere Kirchen in den Vorſtaͤdten, ganz von Holz, ohne eine Spur von Kalk und Stein, erbauet*).
Warſchau dankt den glaͤnzendern Theil ſei- nes Ausbaues jener Zeit, wo es noch mehr als jetzt ſchien, als ob es, außer dem Edel- manne, keine Menſchen in Polen gaͤbe. Ein Großer, der Koͤnig werden konnte, fiel leicht darauf, ſich einen Pallaſt zu bauen, der Koͤnig- lich war. Er konnte dies leicht ausfuͤhren, weil er ſeine Einkuͤnfte koͤniglich behandelte und ſeine Unterthanen willkuͤhrlich her kom- men und hin gehen zu laſſen befugt war. Die Hauptſtadt eines Landes, mit der Ver- faſſung wie Polen ſie hat, muͤßte eigentlich aus lauter Pallaͤſten beſtehen, wenn nicht die Beſitzer derſelben, der allgemeinen Menſchheit, wenn auch ſonſt niemand, tributbar, Haͤnde gebraucht haͤtten, um ihre ſtolzen Mauern auf-
*) Vergl. Berl. Mon. Schr. 1792. Jun. S. 552 fg.
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[80/0098]
Saͤulenwerke, ſind ebenfalls von Backſtein, und
mehrere Kirchen in den Vorſtaͤdten, ganz von
Holz, ohne eine Spur von Kalk und Stein,
erbauet *).
Warſchau dankt den glaͤnzendern Theil ſei-
nes Ausbaues jener Zeit, wo es noch mehr
als jetzt ſchien, als ob es, außer dem Edel-
manne, keine Menſchen in Polen gaͤbe. Ein
Großer, der Koͤnig werden konnte, fiel leicht
darauf, ſich einen Pallaſt zu bauen, der Koͤnig-
lich war. Er konnte dies leicht ausfuͤhren,
weil er ſeine Einkuͤnfte koͤniglich behandelte
und ſeine Unterthanen willkuͤhrlich her kom-
men und hin gehen zu laſſen befugt war.
Die Hauptſtadt eines Landes, mit der Ver-
faſſung wie Polen ſie hat, muͤßte eigentlich
aus lauter Pallaͤſten beſtehen, wenn nicht die
Beſitzer derſelben, der allgemeinen Menſchheit,
wenn auch ſonſt niemand, tributbar, Haͤnde
gebraucht haͤtten, um ihre ſtolzen Mauern auf-
*) Vergl. Berl. Mon. Schr. 1792. Jun. S. 552
fg.
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/98>, abgerufen am 22.07.2024.
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