Art wird von Liebhabern mit einem, zwey und dritthalb Dukaten die Flasche bezahlt. Man schreibt die Vorzüge, die dies Getränk in Kauen vor den andern Arten anderwärts hat, dem Umstande zu, daß die Bienen hier herum ihr Honig auf den Linden sammlen. Vermuth- lich trägt die Behandlungsart nicht weniger dazu bey.
Ungefähr eine halbe Stunde von Kauen, muß man, wie ich schon bemerkt habe, sich über die Niemen setzen lassen. Auf der Fähre befand sich ein Russischer Korporal, der dort- hin gestellt war, um Ordnung und Thätigkeit beym Uebersetzen zu erhalten. Ein ansehnli- cher Haselstock beförderte dies; und er war auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflicht so erpicht, daß er, wenn die Fährleute auch gut arbeiteten, sie dennoch mit derben Strei- chen zwang, noch besser zu arbeiten. Dies ging so weit, daß er auch ein paar Reisende (einen Lithauer und einen Juden) mit zur Arbeit trieb, und sie eben so gut durch die
Art wird von Liebhabern mit einem, zwey und dritthalb Dukaten die Flaſche bezahlt. Man ſchreibt die Vorzuͤge, die dies Getraͤnk in Kauen vor den andern Arten anderwaͤrts hat, dem Umſtande zu, daß die Bienen hier herum ihr Honig auf den Linden ſammlen. Vermuth- lich traͤgt die Behandlungsart nicht weniger dazu bey.
Ungefaͤhr eine halbe Stunde von Kauen, muß man, wie ich ſchon bemerkt habe, ſich uͤber die Niemen ſetzen laſſen. Auf der Faͤhre befand ſich ein Ruſſiſcher Korporal, der dort- hin geſtellt war, um Ordnung und Thaͤtigkeit beym Ueberſetzen zu erhalten. Ein anſehnli- cher Haſelſtock befoͤrderte dies; und er war auf die gewiſſenhafte Erfuͤllung ſeiner Pflicht ſo erpicht, daß er, wenn die Faͤhrleute auch gut arbeiteten, ſie dennoch mit derben Strei- chen zwang, noch beſſer zu arbeiten. Dies ging ſo weit, daß er auch ein paar Reiſende (einen Lithauer und einen Juden) mit zur Arbeit trieb, und ſie eben ſo gut durch die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0045"n="27"/>
Art wird von Liebhabern mit einem, zwey und<lb/>
dritthalb Dukaten die Flaſche bezahlt. Man<lb/>ſchreibt die Vorzuͤge, die dies Getraͤnk in<lb/>
Kauen vor den andern Arten anderwaͤrts hat,<lb/>
dem Umſtande zu, daß die Bienen hier herum<lb/>
ihr Honig auf den Linden ſammlen. Vermuth-<lb/>
lich traͤgt die Behandlungsart nicht weniger<lb/>
dazu bey.</p><lb/><p>Ungefaͤhr eine halbe Stunde von Kauen,<lb/>
muß man, wie ich ſchon bemerkt habe, ſich<lb/>
uͤber die Niemen ſetzen laſſen. Auf der Faͤhre<lb/>
befand ſich ein Ruſſiſcher Korporal, der dort-<lb/>
hin geſtellt war, um Ordnung und Thaͤtigkeit<lb/>
beym Ueberſetzen zu erhalten. Ein anſehnli-<lb/>
cher Haſelſtock befoͤrderte dies; und er war<lb/>
auf die gewiſſenhafte Erfuͤllung ſeiner Pflicht<lb/>ſo erpicht, daß er, wenn die Faͤhrleute auch<lb/><hirendition="#g">gut</hi> arbeiteten, ſie dennoch mit derben Strei-<lb/>
chen zwang, <hirendition="#g">noch beſſer</hi> zu arbeiten. Dies<lb/>
ging ſo weit, daß er auch ein paar Reiſende<lb/>
(einen Lithauer und einen Juden) mit zur<lb/>
Arbeit trieb, und ſie eben ſo gut durch die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[27/0045]
Art wird von Liebhabern mit einem, zwey und
dritthalb Dukaten die Flaſche bezahlt. Man
ſchreibt die Vorzuͤge, die dies Getraͤnk in
Kauen vor den andern Arten anderwaͤrts hat,
dem Umſtande zu, daß die Bienen hier herum
ihr Honig auf den Linden ſammlen. Vermuth-
lich traͤgt die Behandlungsart nicht weniger
dazu bey.
Ungefaͤhr eine halbe Stunde von Kauen,
muß man, wie ich ſchon bemerkt habe, ſich
uͤber die Niemen ſetzen laſſen. Auf der Faͤhre
befand ſich ein Ruſſiſcher Korporal, der dort-
hin geſtellt war, um Ordnung und Thaͤtigkeit
beym Ueberſetzen zu erhalten. Ein anſehnli-
cher Haſelſtock befoͤrderte dies; und er war
auf die gewiſſenhafte Erfuͤllung ſeiner Pflicht
ſo erpicht, daß er, wenn die Faͤhrleute auch
gut arbeiteten, ſie dennoch mit derben Strei-
chen zwang, noch beſſer zu arbeiten. Dies
ging ſo weit, daß er auch ein paar Reiſende
(einen Lithauer und einen Juden) mit zur
Arbeit trieb, und ſie eben ſo gut durch die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/45>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.