Das Menschen-Gewimmel in War- schau hat seine Eigenheiten, durch die es sich von dem in andern großen europäischen Städ- ten unterscheidet. Schon die zwiefache Art der Tracht macht es bunt, und eine dritte, aus beyden gemischte, noch bunter. Von dem gemeinen bis zum Mittelmann polnischer Ab- kunft, geht noch alles in der bekannten Natio- nalkleidung; was nicht von polnischer Abkunft ist, zeigt sich in der gewöhnlichen französischen, hier die deutsche genannt. Jene Klasse geht in langen Unterröcken und hat eine Jacke darüber, so daß ihre Tracht Aehnliches mit der weiblichen hat. Die beliebte polnische, eckigte, mit Pelz verbrämte Mütze, ist ihre Kopfbe- deckung, im Sommer wie im Winter, der Zwickelbart ihr Abzeichen vor den Deutschen. Was sich von dem Mittelmann in deutscher Tracht sehen läßt, hat diese noch nach ihrem altmodischen Schnitte: lange Taillen, kurze Schöße, große flache Metallknöpfe. Die vor- hin erwähnte Mitteltracht ist aus polnischer
Das Menſchen-Gewimmel in War- ſchau hat ſeine Eigenheiten, durch die es ſich von dem in andern großen europaͤiſchen Staͤd- ten unterſcheidet. Schon die zwiefache Art der Tracht macht es bunt, und eine dritte, aus beyden gemiſchte, noch bunter. Von dem gemeinen bis zum Mittelmann polniſcher Ab- kunft, geht noch alles in der bekannten Natio- nalkleidung; was nicht von polniſcher Abkunft iſt, zeigt ſich in der gewoͤhnlichen franzoͤſiſchen, hier die deutſche genannt. Jene Klaſſe geht in langen Unterroͤcken und hat eine Jacke daruͤber, ſo daß ihre Tracht Aehnliches mit der weiblichen hat. Die beliebte polniſche, eckigte, mit Pelz verbraͤmte Muͤtze, iſt ihre Kopfbe- deckung, im Sommer wie im Winter, der Zwickelbart ihr Abzeichen vor den Deutſchen. Was ſich von dem Mittelmann in deutſcher Tracht ſehen laͤßt, hat dieſe noch nach ihrem altmodiſchen Schnitte: lange Taillen, kurze Schoͤße, große flache Metallknoͤpfe. Die vor- hin erwaͤhnte Mitteltracht iſt aus polniſcher
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Das Menſchen-Gewimmel in War-
ſchau hat ſeine Eigenheiten, durch die es ſich
von dem in andern großen europaͤiſchen Staͤd-
ten unterſcheidet. Schon die zwiefache Art
der Tracht macht es bunt, und eine dritte,
aus beyden gemiſchte, noch bunter. Von dem
gemeinen bis zum Mittelmann polniſcher Ab-
kunft, geht noch alles in der bekannten Natio-
nalkleidung; was nicht von polniſcher Abkunft
iſt, zeigt ſich in der gewoͤhnlichen franzoͤſiſchen,
hier die deutſche genannt. Jene Klaſſe geht
in langen Unterroͤcken und hat eine Jacke
daruͤber, ſo daß ihre Tracht Aehnliches mit der
weiblichen hat. Die beliebte polniſche, eckigte,
mit Pelz verbraͤmte Muͤtze, iſt ihre Kopfbe-
deckung, im Sommer wie im Winter, der
Zwickelbart ihr Abzeichen vor den Deutſchen.
Was ſich von dem Mittelmann in deutſcher
Tracht ſehen laͤßt, hat dieſe noch nach ihrem
altmodiſchen Schnitte: lange Taillen, kurze
Schoͤße, große flache Metallknoͤpfe. Die vor-
hin erwaͤhnte Mitteltracht iſt aus polniſcher
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/140>, abgerufen am 22.07.2024.
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