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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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Das reformirte Bethaus findet man in ei-
nem engen Nebengäßchen der Lesche. Es hat
weder Thurm noch Glocke und man sieht es
nicht eher, als bis man darin ist. Sein Lo-
kale ist ungewöhnlich klein und wenn Predigt
gehalten wird, kömmt es einem vor, als ob
man sich in einer Gesellschaft guter Freunde
befände, wovon ein Mitglied ein paar Stufen
höher steht, und den übrigen etwas erzählt.
Da die hiesigen Refomirten meist wohlhaben-
de und zum Theil reiche Leute sind so kündigt
auch das Aeußere der Zuhörer an, daß man
sich zugleich in guter Gesellschaft befinde.

Unter den Gebäuden, die weder Palläste
noch Kirchen sind, sondern von den Klassen,
die nicht zum Adel und zur Geistlichkeit, aber
auch nicht zum Pöbel gehören, bewohnt, wenn
auch nicht besessen, werden, sind viele sehr aus-
gezeichnet, sowohl durch Umfang, als durch
Sauberkeit, Bequemlichkeit und Geschmack in
der Bauart. Die meisten dieser Art findet
man in der Krakauer Vorstadt beysammen;

H

Das reformirte Bethaus findet man in ei-
nem engen Nebengaͤßchen der Leſche. Es hat
weder Thurm noch Glocke und man ſieht es
nicht eher, als bis man darin iſt. Sein Lo-
kale iſt ungewoͤhnlich klein und wenn Predigt
gehalten wird, koͤmmt es einem vor, als ob
man ſich in einer Geſellſchaft guter Freunde
befaͤnde, wovon ein Mitglied ein paar Stufen
hoͤher ſteht, und den uͤbrigen etwas erzaͤhlt.
Da die hieſigen Refomirten meiſt wohlhaben-
de und zum Theil reiche Leute ſind ſo kuͤndigt
auch das Aeußere der Zuhoͤrer an, daß man
ſich zugleich in guter Geſellſchaft befinde.

Unter den Gebaͤuden, die weder Pallaͤſte
noch Kirchen ſind, ſondern von den Klaſſen,
die nicht zum Adel und zur Geiſtlichkeit, aber
auch nicht zum Poͤbel gehoͤren, bewohnt, wenn
auch nicht beſeſſen, werden, ſind viele ſehr aus-
gezeichnet, ſowohl durch Umfang, als durch
Sauberkeit, Bequemlichkeit und Geſchmack in
der Bauart. Die meiſten dieſer Art findet
man in der Krakauer Vorſtadt beyſammen;

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[113/0131] Das reformirte Bethaus findet man in ei- nem engen Nebengaͤßchen der Leſche. Es hat weder Thurm noch Glocke und man ſieht es nicht eher, als bis man darin iſt. Sein Lo- kale iſt ungewoͤhnlich klein und wenn Predigt gehalten wird, koͤmmt es einem vor, als ob man ſich in einer Geſellſchaft guter Freunde befaͤnde, wovon ein Mitglied ein paar Stufen hoͤher ſteht, und den uͤbrigen etwas erzaͤhlt. Da die hieſigen Refomirten meiſt wohlhaben- de und zum Theil reiche Leute ſind ſo kuͤndigt auch das Aeußere der Zuhoͤrer an, daß man ſich zugleich in guter Geſellſchaft befinde. Unter den Gebaͤuden, die weder Pallaͤſte noch Kirchen ſind, ſondern von den Klaſſen, die nicht zum Adel und zur Geiſtlichkeit, aber auch nicht zum Poͤbel gehoͤren, bewohnt, wenn auch nicht beſeſſen, werden, ſind viele ſehr aus- gezeichnet, ſowohl durch Umfang, als durch Sauberkeit, Bequemlichkeit und Geſchmack in der Bauart. Die meiſten dieſer Art findet man in der Krakauer Vorſtadt beyſammen; H

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/131>, abgerufen am 27.04.2024.