zu jenen kam: aus dem Fleiße und der Gut- willigkeit der Aermern, die man mit Segens- sprüchen tröstete, mit Suppen und Almosen ernährte, mit Gemählden und Wachslichtern ergötzte, und denen man ein herrliches Leben versprach, wenn sie nur erst todt wären.
Wo erst Palläste und Kirchen sind, da ent- stehen bald andre Wohnungen, deren Besitzer mit Kopf und Feder für weltlichen und geist- lichen Prunk arbeiten: vor der Hand aber mehr mit Zahlen, als mit Buchstaben. Um die Palläste prachtliebender Großen her setzten sich bald Geschäfts- und Kaufleute, und da, auf einem üppigen Boden, bey hellen Augen und unter geschickten Fingern, ihre goldnen Saaten oft mehr als hundertfältige Früchte trugen: so war es kein Wunder, wenn ihre Scheuren an Umfang und Größe von Jahr zu Jahr zunahmen, und so kömmt es, daß hinter den Pallästen der Großen und den Tem- peln der Priester gleich die Häuser der Wechsler anfangen und sich stufenweise in
zu jenen kam: aus dem Fleiße und der Gut- willigkeit der Aermern, die man mit Segens- ſpruͤchen troͤſtete, mit Suppen und Almoſen ernaͤhrte, mit Gemaͤhlden und Wachslichtern ergoͤtzte, und denen man ein herrliches Leben verſprach, wenn ſie nur erſt todt waͤren.
Wo erſt Pallaͤſte und Kirchen ſind, da ent- ſtehen bald andre Wohnungen, deren Beſitzer mit Kopf und Feder fuͤr weltlichen und geiſt- lichen Prunk arbeiten: vor der Hand aber mehr mit Zahlen, als mit Buchſtaben. Um die Pallaͤſte prachtliebender Großen her ſetzten ſich bald Geſchaͤfts- und Kaufleute, und da, auf einem uͤppigen Boden, bey hellen Augen und unter geſchickten Fingern, ihre goldnen Saaten oft mehr als hundertfaͤltige Fruͤchte trugen: ſo war es kein Wunder, wenn ihre Scheuren an Umfang und Groͤße von Jahr zu Jahr zunahmen, und ſo koͤmmt es, daß hinter den Pallaͤſten der Großen und den Tem- peln der Prieſter gleich die Haͤuſer der Wechsler anfangen und ſich ſtufenweiſe in
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zu jenen kam: aus dem Fleiße und der Gut-
willigkeit der Aermern, die man mit Segens-
ſpruͤchen troͤſtete, mit Suppen und Almoſen
ernaͤhrte, mit Gemaͤhlden und Wachslichtern
ergoͤtzte, und denen man ein herrliches Leben
verſprach, wenn ſie nur erſt todt waͤren.
Wo erſt Pallaͤſte und Kirchen ſind, da ent-
ſtehen bald andre Wohnungen, deren Beſitzer
mit Kopf und Feder fuͤr weltlichen und geiſt-
lichen Prunk arbeiten: vor der Hand aber
mehr mit Zahlen, als mit Buchſtaben. Um
die Pallaͤſte prachtliebender Großen her ſetzten
ſich bald Geſchaͤfts- und Kaufleute, und da,
auf einem uͤppigen Boden, bey hellen Augen
und unter geſchickten Fingern, ihre goldnen
Saaten oft mehr als hundertfaͤltige Fruͤchte
trugen: ſo war es kein Wunder, wenn ihre
Scheuren an Umfang und Groͤße von Jahr
zu Jahr zunahmen, und ſo koͤmmt es, daß
hinter den Pallaͤſten der Großen und den Tem-
peln der Prieſter gleich die Haͤuſer der
Wechsler anfangen und ſich ſtufenweiſe in
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/100>, abgerufen am 22.07.2024.
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