Die Häuser und Palläste des Adels fallen, wie vorhin erwähnt, weniger öde und düster in die Augen, aber den allgemeinen Anstrich von Veraltung und Vernachlässigung tragen doch die meisten. Hier muß man das Auge zwingen, sich nur schönen Verhältnissen und an die Nettigkeit und Leichtigkeit, die sie her- vorbringen, zu halten, und nicht bey dem Rost und der Vernachlässigung zu verweilen; man muß es anleiten, ein zierliches Portal zu bemerken, wenn es auch mit Brettern ver- schlagen ist; eine geschmackvoll verzierte Vor- derseite, nach Verdienst zu schätzen, ungeachtet man sie nicht vollendet hat; ein kühn empor geworfenes Treppengewinde gehörig zu schä- tzen, obgleich es von Staub und Unrath starrt; und endlich eine Reihe, im gefälligsten Maaß und in Licht und Luft stehender, Zim- mer, bey noch nicht fertigem Fußboden, mei- sterhaft zu finden. Es ist in der That in ganz Verona kein sehenswürdiges Haus, kein Pal- last, keine Kirche, kein öffentliches Werk, wo
Die Haͤuſer und Pallaͤſte des Adels fallen, wie vorhin erwaͤhnt, weniger oͤde und duͤſter in die Augen, aber den allgemeinen Anſtrich von Veraltung und Vernachlaͤſſigung tragen doch die meiſten. Hier muß man das Auge zwingen, ſich nur ſchoͤnen Verhaͤltniſſen und an die Nettigkeit und Leichtigkeit, die ſie her- vorbringen, zu halten, und nicht bey dem Roſt und der Vernachlaͤſſigung zu verweilen; man muß es anleiten, ein zierliches Portal zu bemerken, wenn es auch mit Brettern ver- ſchlagen iſt; eine geſchmackvoll verzierte Vor- derſeite, nach Verdienſt zu ſchaͤtzen, ungeachtet man ſie nicht vollendet hat; ein kuͤhn empor geworfenes Treppengewinde gehoͤrig zu ſchaͤ- tzen, obgleich es von Staub und Unrath ſtarrt; und endlich eine Reihe, im gefaͤlligſten Maaß und in Licht und Luft ſtehender, Zim- mer, bey noch nicht fertigem Fußboden, mei- ſterhaft zu finden. Es iſt in der That in ganz Verona kein ſehenswuͤrdiges Haus, kein Pal- laſt, keine Kirche, kein oͤffentliches Werk, wo
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Die Haͤuſer und Pallaͤſte des Adels fallen,
wie vorhin erwaͤhnt, weniger oͤde und duͤſter
in die Augen, aber den allgemeinen Anſtrich
von Veraltung und Vernachlaͤſſigung tragen
doch die meiſten. Hier muß man das Auge
zwingen, ſich nur ſchoͤnen Verhaͤltniſſen und
an die Nettigkeit und Leichtigkeit, die ſie her-
vorbringen, zu halten, und nicht bey dem
Roſt und der Vernachlaͤſſigung zu verweilen;
man muß es anleiten, ein zierliches Portal
zu bemerken, wenn es auch mit Brettern ver-
ſchlagen iſt; eine geſchmackvoll verzierte Vor-
derſeite, nach Verdienſt zu ſchaͤtzen, ungeachtet
man ſie nicht vollendet hat; ein kuͤhn empor
geworfenes Treppengewinde gehoͤrig zu ſchaͤ-
tzen, obgleich es von Staub und Unrath
ſtarrt; und endlich eine Reihe, im gefaͤlligſten
Maaß und in Licht und Luft ſtehender, Zim-
mer, bey noch nicht fertigem Fußboden, mei-
ſterhaft zu finden. Es iſt in der That in ganz
Verona kein ſehenswuͤrdiges Haus, kein Pal-
laſt, keine Kirche, kein oͤffentliches Werk, wo
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Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/99>, abgerufen am 16.02.2025.
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