zeigt. Der gemeine Mann und der Pöbel hingegen üben noch fleißig die Wundärzte in den Krankenhäusern in Heilung der Messer- stiche; und ein Veroneser selbst gestand mir, daß man, ein Jahr in das andere gerechnet, immer noch Acht bis Zehn Gestochene und Ermordete zählen könnte. Ehedem aber sey es doch weit ärger gewesen! Es wären wohl manches Jahr 150 und 200 geblieben.
Scherzen sonach die Veroneser mit oder über einander, so hat es etwas Plattes und Kindisches, und es läuft auf Gegenstände hin- aus, die nicht leicht beleidigend werden, z. B. auf die Verliebtheit, auf den guten Appetit, auf den genährten Bauch etc. eines Dritten -- lauter Dinge, die zugleich den Ton des Pul- cinella erlauben, der hier sehr ergetzt, aber selbst dem duldsamsten, aufgewecktesten Frem- den, plump und abgeschmackt vorzukommen pflegt. Wird der Ton ernsthaft, so ist er so pedantisch, daß ich nicht leicht einer mittelmä- ßigen deutschen Reichsstadt einen ähnlichen
Siebentes Heft. M
zeigt. Der gemeine Mann und der Poͤbel hingegen uͤben noch fleißig die Wundaͤrzte in den Krankenhaͤuſern in Heilung der Meſſer- ſtiche; und ein Veroneſer ſelbſt geſtand mir, daß man, ein Jahr in das andere gerechnet, immer noch Acht bis Zehn Geſtochene und Ermordete zaͤhlen koͤnnte. Ehedem aber ſey es doch weit aͤrger geweſen! Es waͤren wohl manches Jahr 150 und 200 geblieben.
Scherzen ſonach die Veroneſer mit oder uͤber einander, ſo hat es etwas Plattes und Kindiſches, und es laͤuft auf Gegenſtaͤnde hin- aus, die nicht leicht beleidigend werden, z. B. auf die Verliebtheit, auf den guten Appetit, auf den genaͤhrten Bauch ꝛc. eines Dritten — lauter Dinge, die zugleich den Ton des Pul- cinella erlauben, der hier ſehr ergetzt, aber ſelbſt dem duldſamſten, aufgeweckteſten Frem- den, plump und abgeſchmackt vorzukommen pflegt. Wird der Ton ernſthaft, ſo iſt er ſo pedantiſch, daß ich nicht leicht einer mittelmaͤ- ßigen deutſchen Reichsſtadt einen aͤhnlichen
Siebentes Heft. M
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zeigt. Der gemeine Mann und der Poͤbel
hingegen uͤben noch fleißig die Wundaͤrzte in
den Krankenhaͤuſern in Heilung der Meſſer-
ſtiche; und ein Veroneſer ſelbſt geſtand mir,
daß man, ein Jahr in das andere gerechnet,
immer noch Acht bis Zehn Geſtochene und
Ermordete zaͤhlen koͤnnte. Ehedem aber ſey
es doch weit aͤrger geweſen! Es waͤren wohl
manches Jahr 150 und 200 geblieben.
Scherzen ſonach die Veroneſer mit oder
uͤber einander, ſo hat es etwas Plattes und
Kindiſches, und es laͤuft auf Gegenſtaͤnde hin-
aus, die nicht leicht beleidigend werden, z. B.
auf die Verliebtheit, auf den guten Appetit,
auf den genaͤhrten Bauch ꝛc. eines Dritten —
lauter Dinge, die zugleich den Ton des Pul-
cinella erlauben, der hier ſehr ergetzt, aber
ſelbſt dem duldſamſten, aufgeweckteſten Frem-
den, plump und abgeſchmackt vorzukommen
pflegt. Wird der Ton ernſthaft, ſo iſt er ſo
pedantiſch, daß ich nicht leicht einer mittelmaͤ-
ßigen deutſchen Reichsſtadt einen aͤhnlichen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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