zünden und was ihm vorkömmt zu ermorden. An eine Polizey ist nicht zu denken.
Hierin liegt der Kunstgriff, dessen sich die Signoria von Venedig bedient, um das Volk auf ihrer Seite zu behalten. Dieses bildet sich ein, vollkommen frey zu leben, weil man ihm erlaubt, sich so ungebunden zu betragen, als es Lust hat, und weil seine Vornehmen es sich gefallen lassen müssen. Dazu kömmt, daß es wenig oder nichts an Abgaben unmit- telbar zahlt, und kurzsichtig genug ist, nicht zu bemerken, daß es doch mittelbar alle Auf- lagen denjenigen Klassen ersetzen muß, die der Republik baar steuern. Daß gerade die un- entbehrlichsten seiner Bedürfnisse, Brot, Oel und Fleisch, nach Verhältniß, die theuersten sind, darüber fällt es ihm nicht ein, Bemer- kungen zu machen, welche die Liebe zu seiner Durchlauchtigsten Wohlthäterin etwas vermin- dern könnten.
Das Aeußere der Bürger und Handwer- ker ist sehr armselig. Sie erscheinen in bloßen
zuͤnden und was ihm vorkoͤmmt zu ermorden. An eine Polizey iſt nicht zu denken.
Hierin liegt der Kunſtgriff, deſſen ſich die Signoria von Venedig bedient, um das Volk auf ihrer Seite zu behalten. Dieſes bildet ſich ein, vollkommen frey zu leben, weil man ihm erlaubt, ſich ſo ungebunden zu betragen, als es Luſt hat, und weil ſeine Vornehmen es ſich gefallen laſſen muͤſſen. Dazu koͤmmt, daß es wenig oder nichts an Abgaben unmit- telbar zahlt, und kurzſichtig genug iſt, nicht zu bemerken, daß es doch mittelbar alle Auf- lagen denjenigen Klaſſen erſetzen muß, die der Republik baar ſteuern. Daß gerade die un- entbehrlichſten ſeiner Beduͤrfniſſe, Brot, Oel und Fleiſch, nach Verhaͤltniß, die theuerſten ſind, daruͤber faͤllt es ihm nicht ein, Bemer- kungen zu machen, welche die Liebe zu ſeiner Durchlauchtigſten Wohlthaͤterin etwas vermin- dern koͤnnten.
Das Aeußere der Buͤrger und Handwer- ker iſt ſehr armſelig. Sie erſcheinen in bloßen
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zuͤnden und was ihm vorkoͤmmt zu ermorden.
An eine Polizey iſt nicht zu denken.
Hierin liegt der Kunſtgriff, deſſen ſich die
Signoria von Venedig bedient, um das Volk
auf ihrer Seite zu behalten. Dieſes bildet
ſich ein, vollkommen frey zu leben, weil man
ihm erlaubt, ſich ſo ungebunden zu betragen,
als es Luſt hat, und weil ſeine Vornehmen es
ſich gefallen laſſen muͤſſen. Dazu koͤmmt,
daß es wenig oder nichts an Abgaben unmit-
telbar zahlt, und kurzſichtig genug iſt, nicht
zu bemerken, daß es doch mittelbar alle Auf-
lagen denjenigen Klaſſen erſetzen muß, die der
Republik baar ſteuern. Daß gerade die un-
entbehrlichſten ſeiner Beduͤrfniſſe, Brot, Oel
und Fleiſch, nach Verhaͤltniß, die theuerſten
ſind, daruͤber faͤllt es ihm nicht ein, Bemer-
kungen zu machen, welche die Liebe zu ſeiner
Durchlauchtigſten Wohlthaͤterin etwas vermin-
dern koͤnnten.
Das Aeußere der Buͤrger und Handwer-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/172>, abgerufen am 16.02.2025.
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