ohne Mütze und Hut, mit bloßer Brust, durch die Gesellschaften auf dem Korso und dem Platze Bra sich frey hindurch drängt; sich mitten unter ihnen mit andern seines Glei- chen herum balgt; raset und brüllt; ohne Scheu und Rücksicht allen natürlichen Ver- richtungen öffentlich obliegt, und sich über- haupt so benimmt, als ob der Spatziergang, oder der öffentliche Ort, wo er sich befindet, ihm ausschließend zugehöre. Man kann un- ter andern sich die Ungezogenheit nicht den- ken, die im Parterre eines veronesischen Schauspielhauses herrscht. Da der Eintritt in das erste Parterre des großen Schauspiel- hauses nur 30 Soldi, und in das zweyte, nur 20 Soldi (oder 18 und 12 Kreutzer) ko- stet, so sind beyde ganz von dem gemeinen Manne besetzt, der seine Weiber, Töchter, Beyschläferinnen und Kinder hereinbringt, so wie sie des Morgens aufgestanden sind und zu Hause zu gehen pflegen, und die sich in nichts irgend einen Zwang unter den Augen
ohne Muͤtze und Hut, mit bloßer Bruſt, durch die Geſellſchaften auf dem Korſo und dem Platze Bra ſich frey hindurch draͤngt; ſich mitten unter ihnen mit andern ſeines Glei- chen herum balgt; raſet und bruͤllt; ohne Scheu und Ruͤckſicht allen natuͤrlichen Ver- richtungen oͤffentlich obliegt, und ſich uͤber- haupt ſo benimmt, als ob der Spatziergang, oder der oͤffentliche Ort, wo er ſich befindet, ihm ausſchließend zugehoͤre. Man kann un- ter andern ſich die Ungezogenheit nicht den- ken, die im Parterre eines veroneſiſchen Schauſpielhauſes herrſcht. Da der Eintritt in das erſte Parterre des großen Schauſpiel- hauſes nur 30 Soldi, und in das zweyte, nur 20 Soldi (oder 18 und 12 Kreutzer) ko- ſtet, ſo ſind beyde ganz von dem gemeinen Manne beſetzt, der ſeine Weiber, Toͤchter, Beyſchlaͤferinnen und Kinder hereinbringt, ſo wie ſie des Morgens aufgeſtanden ſind und zu Hauſe zu gehen pflegen, und die ſich in nichts irgend einen Zwang unter den Augen
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ohne Muͤtze und Hut, mit bloßer Bruſt, durch
die Geſellſchaften auf dem Korſo und dem
Platze Bra ſich frey hindurch draͤngt; ſich
mitten unter ihnen mit andern ſeines Glei-
chen herum balgt; raſet und bruͤllt; ohne
Scheu und Ruͤckſicht allen natuͤrlichen Ver-
richtungen oͤffentlich obliegt, und ſich uͤber-
haupt ſo benimmt, als ob der Spatziergang,
oder der oͤffentliche Ort, wo er ſich befindet,
ihm ausſchließend zugehoͤre. Man kann un-
ter andern ſich die Ungezogenheit nicht den-
ken, die im Parterre eines veroneſiſchen
Schauſpielhauſes herrſcht. Da der Eintritt
in das erſte Parterre des großen Schauſpiel-
hauſes nur 30 Soldi, und in das zweyte,
nur 20 Soldi (oder 18 und 12 Kreutzer) ko-
ſtet, ſo ſind beyde ganz von dem gemeinen
Manne beſetzt, der ſeine Weiber, Toͤchter,
Beyſchlaͤferinnen und Kinder hereinbringt, ſo
wie ſie des Morgens aufgeſtanden ſind und
zu Hauſe zu gehen pflegen, und die ſich in
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/170>, abgerufen am 16.02.2025.
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