Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.schlüpfte, voll inniger Rührung in die Arme. Diese bot ihr mit graziösem Lächeln die Wange zum Kusse, und dann entzog sie sich ihr und nahm den Arm ihres Mannes. Wo ist mein Vater, Leonore -- er wird uns am Schloßthore erwarten -- nicht wahr? Der Vater ist -- Leonore schöpfte tief Athem, und hätte ihr flammendes Gesicht noch röther werden können, es wäre so geworden -- der Vater ist nicht da -- er ist abwesend -- er ist -- Abwesend? Deine Frau muß verzeihen. Er ist in Trier -- es ist ihm unmöglich, hier zu sein! Christine, wandte sich Joseph rasch zu seiner Frau, mein Vater läßt sich bei dir entschuldigen -- er ist beim Kurfürsten in Trier -- der Kurfürst kann ihn keinen Augenblick entbehren -- es ist in dringenden Geschäften, Christine. O! sagte die junge Frau mit einiger Verwunderung. Es ist sehr unangenehm, fuhr Joseph fort -- der Vater hat sicherlich die Equipage mit sich genommen! Leonore schwieg. Christine, mein Vater hat die Equipage und alle Dienerschaft mit sich genommen, Kutscher, Jäger und Lakaien -- du wirst also sehr nachsichtig sein müssen. O! sagte die junge Dame. schlüpfte, voll inniger Rührung in die Arme. Diese bot ihr mit graziösem Lächeln die Wange zum Kusse, und dann entzog sie sich ihr und nahm den Arm ihres Mannes. Wo ist mein Vater, Leonore — er wird uns am Schloßthore erwarten — nicht wahr? Der Vater ist — Leonore schöpfte tief Athem, und hätte ihr flammendes Gesicht noch röther werden können, es wäre so geworden — der Vater ist nicht da — er ist abwesend — er ist — Abwesend? Deine Frau muß verzeihen. Er ist in Trier — es ist ihm unmöglich, hier zu sein! Christine, wandte sich Joseph rasch zu seiner Frau, mein Vater läßt sich bei dir entschuldigen — er ist beim Kurfürsten in Trier — der Kurfürst kann ihn keinen Augenblick entbehren — es ist in dringenden Geschäften, Christine. O! sagte die junge Frau mit einiger Verwunderung. Es ist sehr unangenehm, fuhr Joseph fort — der Vater hat sicherlich die Equipage mit sich genommen! Leonore schwieg. Christine, mein Vater hat die Equipage und alle Dienerschaft mit sich genommen, Kutscher, Jäger und Lakaien — du wirst also sehr nachsichtig sein müssen. O! sagte die junge Dame. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0052"/> schlüpfte, voll inniger Rührung in die Arme. Diese bot ihr mit graziösem Lächeln die Wange zum Kusse, und dann entzog sie sich ihr und nahm den Arm ihres Mannes.</p><lb/> <p>Wo ist mein Vater, Leonore — er wird uns am Schloßthore erwarten — nicht wahr?</p><lb/> <p>Der Vater ist — Leonore schöpfte tief Athem, und hätte ihr flammendes Gesicht noch röther werden können, es wäre so geworden — der Vater ist nicht da — er ist abwesend — er ist —</p><lb/> <p>Abwesend?</p><lb/> <p>Deine Frau muß verzeihen. Er ist in Trier — es ist ihm unmöglich, hier zu sein!</p><lb/> <p>Christine, wandte sich Joseph rasch zu seiner Frau, mein Vater läßt sich bei dir entschuldigen — er ist beim Kurfürsten in Trier — der Kurfürst kann ihn keinen Augenblick entbehren — es ist in dringenden Geschäften, Christine.</p><lb/> <p>O! sagte die junge Frau mit einiger Verwunderung.</p><lb/> <p>Es ist sehr unangenehm, fuhr Joseph fort — der Vater hat sicherlich die Equipage mit sich genommen!</p><lb/> <p>Leonore schwieg.</p><lb/> <p>Christine, mein Vater hat die Equipage und alle Dienerschaft mit sich genommen, Kutscher, Jäger und Lakaien — du wirst also sehr nachsichtig sein müssen.</p><lb/> <p>O! sagte die junge Dame.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
schlüpfte, voll inniger Rührung in die Arme. Diese bot ihr mit graziösem Lächeln die Wange zum Kusse, und dann entzog sie sich ihr und nahm den Arm ihres Mannes.
Wo ist mein Vater, Leonore — er wird uns am Schloßthore erwarten — nicht wahr?
Der Vater ist — Leonore schöpfte tief Athem, und hätte ihr flammendes Gesicht noch röther werden können, es wäre so geworden — der Vater ist nicht da — er ist abwesend — er ist —
Abwesend?
Deine Frau muß verzeihen. Er ist in Trier — es ist ihm unmöglich, hier zu sein!
Christine, wandte sich Joseph rasch zu seiner Frau, mein Vater läßt sich bei dir entschuldigen — er ist beim Kurfürsten in Trier — der Kurfürst kann ihn keinen Augenblick entbehren — es ist in dringenden Geschäften, Christine.
O! sagte die junge Frau mit einiger Verwunderung.
Es ist sehr unangenehm, fuhr Joseph fort — der Vater hat sicherlich die Equipage mit sich genommen!
Leonore schwieg.
Christine, mein Vater hat die Equipage und alle Dienerschaft mit sich genommen, Kutscher, Jäger und Lakaien — du wirst also sehr nachsichtig sein müssen.
O! sagte die junge Dame.
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Zitationshilfe: | Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/52>, abgerufen am 16.02.2025. |