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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Stiegen hinab und verließ, ohne irgend Jemand von dem Gefolge des Grafen zu begegnen, die Ruine. Ein Fußsteig führte hinter der Burg in den Wald, der die Berghöhen bedeckte. Ihm folgte sie und war nach wenig Augenblicken im Gebüsch verschwunden.

VIII.

Sehen wir uns jetzt, während so Leonore verzweifelt ihr Heil in der Flucht sucht, nach ihrem Bruder um.

Nachdem Joseph, wie wir oben erzählt haben, die ganze Wahrheit über die Lage seiner Familie erfahren, hatte er sich ein heiliges Gelöbniß auferlegt, das Haus seiner Väter wiederzuerwerben, koste es was es wolle. Wie oft waren nicht aus der fernen Fremde, weit übers Meer, die Blicke seines Geistes zurückgekehrt zu diesem väterlichen Dach mit seinen Wappen und kleinen Thürmen und Giebeln, an die sich Alles knüpfte, was von Stolz in seiner Seele war. Und in der Erinnerung an diesen Adelsitz, den die Phantasie ihm weit größer, stattlicher, imponirender malte, als er sich in den Blicken eines Fremden je gespiegelt haben würde, lag Trost, Erquickung, Erhebung für Joseph in den demüthigendsten und drückendsten Lagen seiner abenteuerlichen Fahrt; ihn zu verlieren, das schien ihm ein Schlag, als wenn der Herold sein Wappen zerbräche, als wenn sein Name begraben würde und ausgetilgt für alle

Stiegen hinab und verließ, ohne irgend Jemand von dem Gefolge des Grafen zu begegnen, die Ruine. Ein Fußsteig führte hinter der Burg in den Wald, der die Berghöhen bedeckte. Ihm folgte sie und war nach wenig Augenblicken im Gebüsch verschwunden.

VIII.

Sehen wir uns jetzt, während so Leonore verzweifelt ihr Heil in der Flucht sucht, nach ihrem Bruder um.

Nachdem Joseph, wie wir oben erzählt haben, die ganze Wahrheit über die Lage seiner Familie erfahren, hatte er sich ein heiliges Gelöbniß auferlegt, das Haus seiner Väter wiederzuerwerben, koste es was es wolle. Wie oft waren nicht aus der fernen Fremde, weit übers Meer, die Blicke seines Geistes zurückgekehrt zu diesem väterlichen Dach mit seinen Wappen und kleinen Thürmen und Giebeln, an die sich Alles knüpfte, was von Stolz in seiner Seele war. Und in der Erinnerung an diesen Adelsitz, den die Phantasie ihm weit größer, stattlicher, imponirender malte, als er sich in den Blicken eines Fremden je gespiegelt haben würde, lag Trost, Erquickung, Erhebung für Joseph in den demüthigendsten und drückendsten Lagen seiner abenteuerlichen Fahrt; ihn zu verlieren, das schien ihm ein Schlag, als wenn der Herold sein Wappen zerbräche, als wenn sein Name begraben würde und ausgetilgt für alle

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[0101] Stiegen hinab und verließ, ohne irgend Jemand von dem Gefolge des Grafen zu begegnen, die Ruine. Ein Fußsteig führte hinter der Burg in den Wald, der die Berghöhen bedeckte. Ihm folgte sie und war nach wenig Augenblicken im Gebüsch verschwunden. VIII. Sehen wir uns jetzt, während so Leonore verzweifelt ihr Heil in der Flucht sucht, nach ihrem Bruder um. Nachdem Joseph, wie wir oben erzählt haben, die ganze Wahrheit über die Lage seiner Familie erfahren, hatte er sich ein heiliges Gelöbniß auferlegt, das Haus seiner Väter wiederzuerwerben, koste es was es wolle. Wie oft waren nicht aus der fernen Fremde, weit übers Meer, die Blicke seines Geistes zurückgekehrt zu diesem väterlichen Dach mit seinen Wappen und kleinen Thürmen und Giebeln, an die sich Alles knüpfte, was von Stolz in seiner Seele war. Und in der Erinnerung an diesen Adelsitz, den die Phantasie ihm weit größer, stattlicher, imponirender malte, als er sich in den Blicken eines Fremden je gespiegelt haben würde, lag Trost, Erquickung, Erhebung für Joseph in den demüthigendsten und drückendsten Lagen seiner abenteuerlichen Fahrt; ihn zu verlieren, das schien ihm ein Schlag, als wenn der Herold sein Wappen zerbräche, als wenn sein Name begraben würde und ausgetilgt für alle

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/101>, abgerufen am 23.11.2024.