Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

sich ein dunkelgrüner Weiher aus, an seinen Rändern von bühenden, weißen und gelben Wasserlilien umkränzt.

Es war derselbe Weiher, worin die arme, junge Frau den Tod gefunden hatte. Ein Schauder durchfuhr Swoyschin, etwas stieß ihn zurück, er wollte fort. Aber ... unter dem Faulbaum auf einer Bank von roh zusammengezimmerten Ästen saß Gina Ginori. Sie hatte ihren Hut abgelegt und sich eine Krone von Faulbaumzweigen auf den Kopf gesteckt. Die großen, weißen Blütentrauben, kaum merklich mit blaßgrünen Blättchen vermischt, schmiegten sich zärtlich in das bauschige, dunkle Haar. Ihre jungen Anbeter waren um sie versammelt, sie hielt eine alte Guitarre im Arm und sang.

Swoyschin kannte die alte Guitarre, sie gehörte dem Wirt, der aus Schloß Monbijou eine Herberge gemacht. Er hatte seinerzeit als Junggeselle unter den Fenstern seiner jetzigen Frau Ständchen darauf geklimpert. Jetzt veranlaßten ihn die Offiziere noch manchmal, darauf herumzuzupfen, wenn er betrunken war und sie selber sich in erhöhter Stimmung befanden. Er sang dazu, er hatte noch ein ganzes Repertoire von halbvergessenen Liedern, die er alle untereinander mischte.

Die Musik, die Gina Ginori auf dem alten Instrument machte, glich keineswegs den Vorträgen des Gastwirts von Monbijou. Ihre schlanken weißen Hände berührten die Saiten kaum, man hörte nur

sich ein dunkelgrüner Weiher aus, an seinen Rändern von bühenden, weißen und gelben Wasserlilien umkränzt.

Es war derselbe Weiher, worin die arme, junge Frau den Tod gefunden hatte. Ein Schauder durchfuhr Swoyschin, etwas stieß ihn zurück, er wollte fort. Aber … unter dem Faulbaum auf einer Bank von roh zusammengezimmerten Ästen saß Gina Ginori. Sie hatte ihren Hut abgelegt und sich eine Krone von Faulbaumzweigen auf den Kopf gesteckt. Die großen, weißen Blütentrauben, kaum merklich mit blaßgrünen Blättchen vermischt, schmiegten sich zärtlich in das bauschige, dunkle Haar. Ihre jungen Anbeter waren um sie versammelt, sie hielt eine alte Guitarre im Arm und sang.

Swoyschin kannte die alte Guitarre, sie gehörte dem Wirt, der aus Schloß Monbijou eine Herberge gemacht. Er hatte seinerzeit als Junggeselle unter den Fenstern seiner jetzigen Frau Ständchen darauf geklimpert. Jetzt veranlaßten ihn die Offiziere noch manchmal, darauf herumzuzupfen, wenn er betrunken war und sie selber sich in erhöhter Stimmung befanden. Er sang dazu, er hatte noch ein ganzes Repertoire von halbvergessenen Liedern, die er alle untereinander mischte.

Die Musik, die Gina Ginori auf dem alten Instrument machte, glich keineswegs den Vorträgen des Gastwirts von Monbijou. Ihre schlanken weißen Hände berührten die Saiten kaum, man hörte nur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="147"/>
sich ein dunkelgrüner Weiher aus, an seinen Rändern von bühenden, weißen und gelben Wasserlilien umkränzt.</p>
        <p>Es war derselbe Weiher, worin die arme, junge Frau den Tod gefunden hatte. Ein Schauder durchfuhr Swoyschin, etwas stieß ihn zurück, er wollte fort. Aber &#x2026; unter dem Faulbaum auf einer Bank von roh zusammengezimmerten Ästen saß Gina Ginori. Sie hatte ihren Hut abgelegt und sich eine Krone von Faulbaumzweigen auf den Kopf gesteckt. Die großen, weißen Blütentrauben, kaum merklich mit blaßgrünen Blättchen vermischt, schmiegten sich zärtlich in das bauschige, dunkle Haar. Ihre jungen Anbeter waren um sie versammelt, sie hielt eine alte Guitarre im Arm und sang.</p>
        <p>Swoyschin kannte die alte Guitarre, sie gehörte dem Wirt, der aus Schloß Monbijou eine Herberge gemacht. Er hatte seinerzeit als Junggeselle unter den Fenstern seiner jetzigen Frau Ständchen darauf geklimpert. Jetzt veranlaßten ihn die Offiziere noch manchmal, darauf herumzuzupfen, wenn er betrunken war und sie selber sich in erhöhter Stimmung befanden. Er sang dazu, er hatte noch ein ganzes Repertoire von halbvergessenen Liedern, die er alle untereinander mischte.</p>
        <p>Die Musik, die Gina Ginori auf dem alten Instrument machte, glich keineswegs den Vorträgen des Gastwirts von Monbijou. Ihre schlanken weißen Hände berührten die Saiten kaum, man hörte nur
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0148] sich ein dunkelgrüner Weiher aus, an seinen Rändern von bühenden, weißen und gelben Wasserlilien umkränzt. Es war derselbe Weiher, worin die arme, junge Frau den Tod gefunden hatte. Ein Schauder durchfuhr Swoyschin, etwas stieß ihn zurück, er wollte fort. Aber … unter dem Faulbaum auf einer Bank von roh zusammengezimmerten Ästen saß Gina Ginori. Sie hatte ihren Hut abgelegt und sich eine Krone von Faulbaumzweigen auf den Kopf gesteckt. Die großen, weißen Blütentrauben, kaum merklich mit blaßgrünen Blättchen vermischt, schmiegten sich zärtlich in das bauschige, dunkle Haar. Ihre jungen Anbeter waren um sie versammelt, sie hielt eine alte Guitarre im Arm und sang. Swoyschin kannte die alte Guitarre, sie gehörte dem Wirt, der aus Schloß Monbijou eine Herberge gemacht. Er hatte seinerzeit als Junggeselle unter den Fenstern seiner jetzigen Frau Ständchen darauf geklimpert. Jetzt veranlaßten ihn die Offiziere noch manchmal, darauf herumzuzupfen, wenn er betrunken war und sie selber sich in erhöhter Stimmung befanden. Er sang dazu, er hatte noch ein ganzes Repertoire von halbvergessenen Liedern, die er alle untereinander mischte. Die Musik, die Gina Ginori auf dem alten Instrument machte, glich keineswegs den Vorträgen des Gastwirts von Monbijou. Ihre schlanken weißen Hände berührten die Saiten kaum, man hörte nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/148
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/148>, abgerufen am 19.05.2024.