er nachsinnt, kömmt ein Felsenstück in den engen, von ihm eben verlassenen Fußsteig herabgestürzt, das ihm ohnfehlbar, ohne jene Warnung zerschmettert hätte *).
Auf dieselbe prophetische Weise führt uns der gute Dämon mit einer Art von höherer Gewalt, in Verhältnisse, worin wir etwas Gutes zu thun ver- mögen, und er bedient sich hier eben jener Unruhe, jener Angst, die uns als Bewegungen des Gewissens bekannt sind. Schon ausgekleidet, und in später Nacht, wird der ehrwürdige Johann Dod, durch ei- ne unwiderstehliche Unruhe getrieben, einen etwa eine Meile entfernt wohnenden Freund zu besuchen. Alles Räsonniren, alle Gegeneinwendungen gegen die Stim- me der innern Unruhe helfen nichts; er muß sich auf den Weg machen. Verzweifelnd, in dem Kampfe einer tiefen Gewissensangst, findet er seinen Freund dem Selbstmord nahe, und erhält Gelegenheit, ihn auf immer von jener Angst zu retten. **) Jener Beamte, der in stürmischer regnigter Nacht, schlaflos auf seinem Lager ruhet, bemüht sich auch vergebens, die innere Angst, die ihn hinaus in den Garten, und von da aufs Feld treiben will, so vernünftig als mög- lich hinweg zu räsonniren. Er muß endlich hinaus, und erhält Gelegenheit, einem vergebens um Beystand rufenden Knaben seinen Vater vom Tode retten zu helfen. ***) Eben so wird Jener, den recht zur un-
gele-
*) Stillings Taschenkalender auf 1808.
**) Geschichte der Wiedergebornen.
***) Stillings Taschenkalender auf 1809.
er nachſinnt, koͤmmt ein Felſenſtuͤck in den engen, von ihm eben verlaſſenen Fußſteig herabgeſtuͤrzt, das ihm ohnfehlbar, ohne jene Warnung zerſchmettert haͤtte *).
Auf dieſelbe prophetiſche Weiſe fuͤhrt uns der gute Daͤmon mit einer Art von hoͤherer Gewalt, in Verhaͤltniſſe, worin wir etwas Gutes zu thun ver- moͤgen, und er bedient ſich hier eben jener Unruhe, jener Angſt, die uns als Bewegungen des Gewiſſens bekannt ſind. Schon ausgekleidet, und in ſpaͤter Nacht, wird der ehrwuͤrdige Johann Dod, durch ei- ne unwiderſtehliche Unruhe getrieben, einen etwa eine Meile entfernt wohnenden Freund zu beſuchen. Alles Raͤſonniren, alle Gegeneinwendungen gegen die Stim- me der innern Unruhe helfen nichts; er muß ſich auf den Weg machen. Verzweifelnd, in dem Kampfe einer tiefen Gewiſſensangſt, findet er ſeinen Freund dem Selbſtmord nahe, und erhaͤlt Gelegenheit, ihn auf immer von jener Angſt zu retten. **) Jener Beamte, der in ſtuͤrmiſcher regnigter Nacht, ſchlaflos auf ſeinem Lager ruhet, bemuͤht ſich auch vergebens, die innere Angſt, die ihn hinaus in den Garten, und von da aufs Feld treiben will, ſo vernuͤnftig als moͤg- lich hinweg zu raͤſonniren. Er muß endlich hinaus, und erhaͤlt Gelegenheit, einem vergebens um Beyſtand rufenden Knaben ſeinen Vater vom Tode retten zu helfen. ***) Eben ſo wird Jener, den recht zur un-
gele-
*) Stillings Taſchenkalender auf 1808.
**) Geſchichte der Wiedergebornen.
***) Stillings Taſchenkalender auf 1809.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0071"n="61"/>
er nachſinnt, koͤmmt ein Felſenſtuͤck in den engen, von<lb/>
ihm eben verlaſſenen Fußſteig herabgeſtuͤrzt, das ihm<lb/>
ohnfehlbar, ohne jene Warnung zerſchmettert haͤtte <noteplace="foot"n="*)">Stillings Taſchenkalender auf 1808.</note>.</p><lb/><p>Auf dieſelbe prophetiſche Weiſe fuͤhrt uns der<lb/>
gute Daͤmon mit einer Art von hoͤherer Gewalt, in<lb/>
Verhaͤltniſſe, worin wir etwas Gutes zu thun ver-<lb/>
moͤgen, und er bedient ſich hier eben jener Unruhe,<lb/>
jener Angſt, die uns als Bewegungen des Gewiſſens<lb/>
bekannt ſind. Schon ausgekleidet, und in ſpaͤter<lb/>
Nacht, wird der ehrwuͤrdige Johann Dod, durch ei-<lb/>
ne unwiderſtehliche Unruhe getrieben, einen etwa eine<lb/>
Meile entfernt wohnenden Freund zu beſuchen. Alles<lb/>
Raͤſonniren, alle Gegeneinwendungen gegen die Stim-<lb/>
me der innern Unruhe helfen nichts; er muß ſich auf<lb/>
den Weg machen. Verzweifelnd, in dem Kampfe<lb/>
einer tiefen Gewiſſensangſt, findet er ſeinen Freund<lb/>
dem Selbſtmord nahe, und erhaͤlt Gelegenheit, ihn<lb/>
auf immer von jener Angſt zu retten. <noteplace="foot"n="**)">Geſchichte der Wiedergebornen.</note> Jener<lb/>
Beamte, der in ſtuͤrmiſcher regnigter Nacht, ſchlaflos<lb/>
auf ſeinem Lager ruhet, bemuͤht ſich auch vergebens,<lb/>
die innere Angſt, die ihn hinaus in den Garten, und<lb/>
von da aufs Feld treiben will, ſo vernuͤnftig als moͤg-<lb/>
lich hinweg zu raͤſonniren. Er muß endlich hinaus,<lb/>
und erhaͤlt Gelegenheit, einem vergebens um Beyſtand<lb/>
rufenden Knaben ſeinen Vater vom Tode retten zu<lb/>
helfen. <noteplace="foot"n="***)">Stillings Taſchenkalender auf 1809.</note> Eben ſo wird Jener, den recht zur un-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gele-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[61/0071]
er nachſinnt, koͤmmt ein Felſenſtuͤck in den engen, von
ihm eben verlaſſenen Fußſteig herabgeſtuͤrzt, das ihm
ohnfehlbar, ohne jene Warnung zerſchmettert haͤtte *).
Auf dieſelbe prophetiſche Weiſe fuͤhrt uns der
gute Daͤmon mit einer Art von hoͤherer Gewalt, in
Verhaͤltniſſe, worin wir etwas Gutes zu thun ver-
moͤgen, und er bedient ſich hier eben jener Unruhe,
jener Angſt, die uns als Bewegungen des Gewiſſens
bekannt ſind. Schon ausgekleidet, und in ſpaͤter
Nacht, wird der ehrwuͤrdige Johann Dod, durch ei-
ne unwiderſtehliche Unruhe getrieben, einen etwa eine
Meile entfernt wohnenden Freund zu beſuchen. Alles
Raͤſonniren, alle Gegeneinwendungen gegen die Stim-
me der innern Unruhe helfen nichts; er muß ſich auf
den Weg machen. Verzweifelnd, in dem Kampfe
einer tiefen Gewiſſensangſt, findet er ſeinen Freund
dem Selbſtmord nahe, und erhaͤlt Gelegenheit, ihn
auf immer von jener Angſt zu retten. **) Jener
Beamte, der in ſtuͤrmiſcher regnigter Nacht, ſchlaflos
auf ſeinem Lager ruhet, bemuͤht ſich auch vergebens,
die innere Angſt, die ihn hinaus in den Garten, und
von da aufs Feld treiben will, ſo vernuͤnftig als moͤg-
lich hinweg zu raͤſonniren. Er muß endlich hinaus,
und erhaͤlt Gelegenheit, einem vergebens um Beyſtand
rufenden Knaben ſeinen Vater vom Tode retten zu
helfen. ***) Eben ſo wird Jener, den recht zur un-
gele-
*) Stillings Taſchenkalender auf 1808.
**) Geſchichte der Wiedergebornen.
***) Stillings Taſchenkalender auf 1809.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/71>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.