Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

das zeugende und bildende Vermögen des Körpers in
seinen wichtigsten Aeußerungen an fest bestimmte Zei-
ten gebunden. Das Zeugungsvermögen des Thieres
erwachet im Naturzustande bey einem gewissen Stand
der Gestirne, und jene Varietäten und häufigen Spiel-
arten in Gestalt und Farbe, welche sich bey den
Hausthieren finden, kommen bloß daher, daß der
Mensch ihnen durch häufiges oder verändertes Futter,
die Zeiten der Begattung verändert hat; die zahllosen
Verschiedenheiten, individuellen Charaktere und Be-
sonderheiten des Menschengeschlechtes, bloß daher, daß
dasselbe in Beziehung auf Zeugung an keine bestimm-
ten Zeiten festgebunden ist. Dennoch verräth sich jene
Abhängigkeit von der Zeit auch noch bey dem Men-
schen in verschiedenen Thatsachen, und wenn im weib-
lichen Geschlecht die psychische (feindliche, zerstörende)
Natur des Gangliensystemes viel leichter frey zu wer-
den vermag als im männlichen, so weiß dieses die
Natur durch die monatlichen Blutungen zu verhüten,
deren Ausbleiben jenes psychische (zerstörende) Erwa-
chen nur zu leicht herbeyführt. Es erinnert jenes kör-
perliche Phänomen an gewisse psychichte Erscheinungen,
welche der Forscher in der Geschichte der Orakel und
Menschenopfer und in dem Beysammenseyn beyder be-
merken wird. Die Erscheinungen der pythischen Begei-
sterung gründen sich zum großen Theil, wie der Wahn-
sinn, auf ein Erwachen des sonst gebundenen, psychi-
schen Vermögens des Gangliensystemes, dessen wesentli-
cher Charakter Zerstörungssucht und jene innre Wuth ist,
die sich nur im Blute zu kühlen vermag. Selbst der grau-
same Götzendienst der Mexicaner, war zugleich mit Spu-
ren einer weissagenden Erkenntniß der Priester verbunden.

-- Auch

das zeugende und bildende Vermoͤgen des Koͤrpers in
ſeinen wichtigſten Aeußerungen an feſt beſtimmte Zei-
ten gebunden. Das Zeugungsvermoͤgen des Thieres
erwachet im Naturzuſtande bey einem gewiſſen Stand
der Geſtirne, und jene Varietaͤten und haͤufigen Spiel-
arten in Geſtalt und Farbe, welche ſich bey den
Hausthieren finden, kommen bloß daher, daß der
Menſch ihnen durch haͤufiges oder veraͤndertes Futter,
die Zeiten der Begattung veraͤndert hat; die zahlloſen
Verſchiedenheiten, individuellen Charaktere und Be-
ſonderheiten des Menſchengeſchlechtes, bloß daher, daß
daſſelbe in Beziehung auf Zeugung an keine beſtimm-
ten Zeiten feſtgebunden iſt. Dennoch verraͤth ſich jene
Abhaͤngigkeit von der Zeit auch noch bey dem Men-
ſchen in verſchiedenen Thatſachen, und wenn im weib-
lichen Geſchlecht die pſychiſche (feindliche, zerſtoͤrende)
Natur des Ganglienſyſtemes viel leichter frey zu wer-
den vermag als im maͤnnlichen, ſo weiß dieſes die
Natur durch die monatlichen Blutungen zu verhuͤten,
deren Ausbleiben jenes pſychiſche (zerſtoͤrende) Erwa-
chen nur zu leicht herbeyfuͤhrt. Es erinnert jenes koͤr-
perliche Phaͤnomen an gewiſſe pſychichte Erſcheinungen,
welche der Forſcher in der Geſchichte der Orakel und
Menſchenopfer und in dem Beyſammenſeyn beyder be-
merken wird. Die Erſcheinungen der pythiſchen Begei-
ſterung gruͤnden ſich zum großen Theil, wie der Wahn-
ſinn, auf ein Erwachen des ſonſt gebundenen, pſychi-
ſchen Vermoͤgens des Ganglienſyſtemes, deſſen weſentli-
cher Charakter Zerſtoͤrungsſucht und jene innre Wuth iſt,
die ſich nur im Blute zu kuͤhlen vermag. Selbſt der grau-
ſame Goͤtzendienſt der Mexicaner, war zugleich mit Spu-
ren einer weiſſagenden Erkenntniß der Prieſter verbunden.

— Auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="138"/>
das zeugende und bildende Vermo&#x0364;gen des Ko&#x0364;rpers in<lb/>
&#x017F;einen wichtig&#x017F;ten Aeußerungen an fe&#x017F;t be&#x017F;timmte Zei-<lb/>
ten gebunden. Das Zeugungsvermo&#x0364;gen des Thieres<lb/>
erwachet im Naturzu&#x017F;tande bey einem gewi&#x017F;&#x017F;en Stand<lb/>
der Ge&#x017F;tirne, und jene Varieta&#x0364;ten und ha&#x0364;ufigen Spiel-<lb/>
arten in Ge&#x017F;talt und Farbe, welche &#x017F;ich bey den<lb/>
Hausthieren finden, kommen bloß daher, daß der<lb/>
Men&#x017F;ch ihnen durch ha&#x0364;ufiges oder vera&#x0364;ndertes Futter,<lb/>
die Zeiten der Begattung vera&#x0364;ndert hat; die zahllo&#x017F;en<lb/>
Ver&#x017F;chiedenheiten, individuellen Charaktere und Be-<lb/>
&#x017F;onderheiten des Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechtes, bloß daher, daß<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe in Beziehung auf Zeugung an keine be&#x017F;timm-<lb/>
ten Zeiten fe&#x017F;tgebunden i&#x017F;t. Dennoch verra&#x0364;th &#x017F;ich jene<lb/>
Abha&#x0364;ngigkeit von der Zeit auch noch bey dem Men-<lb/>
&#x017F;chen in ver&#x017F;chiedenen That&#x017F;achen, und wenn im weib-<lb/>
lichen Ge&#x017F;chlecht die p&#x017F;ychi&#x017F;che (feindliche, zer&#x017F;to&#x0364;rende)<lb/>
Natur des Ganglien&#x017F;y&#x017F;temes viel leichter frey zu wer-<lb/>
den vermag als im ma&#x0364;nnlichen, &#x017F;o weiß die&#x017F;es die<lb/>
Natur durch die monatlichen Blutungen zu verhu&#x0364;ten,<lb/>
deren Ausbleiben jenes p&#x017F;ychi&#x017F;che (zer&#x017F;to&#x0364;rende) Erwa-<lb/>
chen nur zu leicht herbeyfu&#x0364;hrt. Es erinnert jenes ko&#x0364;r-<lb/>
perliche Pha&#x0364;nomen an gewi&#x017F;&#x017F;e p&#x017F;ychichte Er&#x017F;cheinungen,<lb/>
welche der For&#x017F;cher in der Ge&#x017F;chichte der Orakel und<lb/>
Men&#x017F;chenopfer und in dem Bey&#x017F;ammen&#x017F;eyn beyder be-<lb/>
merken wird. Die Er&#x017F;cheinungen der pythi&#x017F;chen Begei-<lb/>
&#x017F;terung gru&#x0364;nden &#x017F;ich zum großen Theil, wie der Wahn-<lb/>
&#x017F;inn, auf ein Erwachen des &#x017F;on&#x017F;t gebundenen, p&#x017F;ychi-<lb/>
&#x017F;chen Vermo&#x0364;gens des Ganglien&#x017F;y&#x017F;temes, de&#x017F;&#x017F;en we&#x017F;entli-<lb/>
cher Charakter Zer&#x017F;to&#x0364;rungs&#x017F;ucht und jene innre Wuth i&#x017F;t,<lb/>
die &#x017F;ich nur im Blute zu ku&#x0364;hlen vermag. Selb&#x017F;t der grau-<lb/>
&#x017F;ame Go&#x0364;tzendien&#x017F;t der Mexicaner, war zugleich mit Spu-<lb/>
ren einer wei&#x017F;&#x017F;agenden Erkenntniß der Prie&#x017F;ter verbunden.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x2014; Auch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0148] das zeugende und bildende Vermoͤgen des Koͤrpers in ſeinen wichtigſten Aeußerungen an feſt beſtimmte Zei- ten gebunden. Das Zeugungsvermoͤgen des Thieres erwachet im Naturzuſtande bey einem gewiſſen Stand der Geſtirne, und jene Varietaͤten und haͤufigen Spiel- arten in Geſtalt und Farbe, welche ſich bey den Hausthieren finden, kommen bloß daher, daß der Menſch ihnen durch haͤufiges oder veraͤndertes Futter, die Zeiten der Begattung veraͤndert hat; die zahlloſen Verſchiedenheiten, individuellen Charaktere und Be- ſonderheiten des Menſchengeſchlechtes, bloß daher, daß daſſelbe in Beziehung auf Zeugung an keine beſtimm- ten Zeiten feſtgebunden iſt. Dennoch verraͤth ſich jene Abhaͤngigkeit von der Zeit auch noch bey dem Men- ſchen in verſchiedenen Thatſachen, und wenn im weib- lichen Geſchlecht die pſychiſche (feindliche, zerſtoͤrende) Natur des Ganglienſyſtemes viel leichter frey zu wer- den vermag als im maͤnnlichen, ſo weiß dieſes die Natur durch die monatlichen Blutungen zu verhuͤten, deren Ausbleiben jenes pſychiſche (zerſtoͤrende) Erwa- chen nur zu leicht herbeyfuͤhrt. Es erinnert jenes koͤr- perliche Phaͤnomen an gewiſſe pſychichte Erſcheinungen, welche der Forſcher in der Geſchichte der Orakel und Menſchenopfer und in dem Beyſammenſeyn beyder be- merken wird. Die Erſcheinungen der pythiſchen Begei- ſterung gruͤnden ſich zum großen Theil, wie der Wahn- ſinn, auf ein Erwachen des ſonſt gebundenen, pſychi- ſchen Vermoͤgens des Ganglienſyſtemes, deſſen weſentli- cher Charakter Zerſtoͤrungsſucht und jene innre Wuth iſt, die ſich nur im Blute zu kuͤhlen vermag. Selbſt der grau- ſame Goͤtzendienſt der Mexicaner, war zugleich mit Spu- ren einer weiſſagenden Erkenntniß der Prieſter verbunden. — Auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/148
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/148>, abgerufen am 23.11.2024.