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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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verschiedene Ursachen, z. B. das Ausbleiben der mo-
natlichen Blutungen, ja nach einzelnen Erfahrungen
durch Galvanismus *) u. a. erregt und bey gewissen
sehr reitzbaren Naturen, bringet selbst die Nähe einer
Katze oder anderer Raubthiere, so wie die Nähe gif-
tiger Schlangen, die sich im Schlafgemach versteckt ha-
ben, convulsivische Zufälle hervor, welche jenen der
Krise gleichen.

Endlich so zeigt sich jene Eigenschaft des Gang-
liensystemes noch vorzüglich im Prozeß der weiblichen
Zeugung und Ausbildung der Frucht, und es ist auch
hier, vornehmlich beym Weibe, das innerlich gewor-
den, was ursprünglich mehr äußerlich -- ein Werk,
nicht des bewußtlosen Bildungstriebes, sondern des
erkennenden Wortes seyn sollte. Wenn jenem bilden-
den Vermögen in uns einst die äußere Natur Mate-
rial und eben so gut zu ihm gehöriges, eigenthümli-
ches Organ gewesen, als es ihm jetzt die Theile des
Leibes sind; so sieht sich dagegen in dem jetzigen Zu-
stande jenes Vermögen bloß auf die engen Grenzen
des Gangliensystemes beschränkt.

In der That, dieses System, durch dessen Wirk-
samkeit wir vorzüglich an die Materie gebunden, mit
ihr vereint sind, pflegt uns noch in dem jetzigen Zu-
stande einen Sinn offen zu lassen, welcher uns, über
alle Beschränkung des Raumes hinüber, ungehindert
von den Banden der Schwere und der Körperlichkeit,

die
*) Hagenbusch und Gruber, bey Kluge, S. 173.

verſchiedene Urſachen, z. B. das Ausbleiben der mo-
natlichen Blutungen, ja nach einzelnen Erfahrungen
durch Galvanismus *) u. a. erregt und bey gewiſſen
ſehr reitzbaren Naturen, bringet ſelbſt die Naͤhe einer
Katze oder anderer Raubthiere, ſo wie die Naͤhe gif-
tiger Schlangen, die ſich im Schlafgemach verſteckt ha-
ben, convulſiviſche Zufaͤlle hervor, welche jenen der
Kriſe gleichen.

Endlich ſo zeigt ſich jene Eigenſchaft des Gang-
lienſyſtemes noch vorzuͤglich im Prozeß der weiblichen
Zeugung und Ausbildung der Frucht, und es iſt auch
hier, vornehmlich beym Weibe, das innerlich gewor-
den, was urſpruͤnglich mehr aͤußerlich — ein Werk,
nicht des bewußtloſen Bildungstriebes, ſondern des
erkennenden Wortes ſeyn ſollte. Wenn jenem bilden-
den Vermoͤgen in uns einſt die aͤußere Natur Mate-
rial und eben ſo gut zu ihm gehoͤriges, eigenthuͤmli-
ches Organ geweſen, als es ihm jetzt die Theile des
Leibes ſind; ſo ſieht ſich dagegen in dem jetzigen Zu-
ſtande jenes Vermoͤgen bloß auf die engen Grenzen
des Ganglienſyſtemes beſchraͤnkt.

In der That, dieſes Syſtem, durch deſſen Wirk-
ſamkeit wir vorzuͤglich an die Materie gebunden, mit
ihr vereint ſind, pflegt uns noch in dem jetzigen Zu-
ſtande einen Sinn offen zu laſſen, welcher uns, uͤber
alle Beſchraͤnkung des Raumes hinuͤber, ungehindert
von den Banden der Schwere und der Koͤrperlichkeit,

die
*) Hagenbuſch und Gruber, bey Kluge, S. 173.
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[132/0142] verſchiedene Urſachen, z. B. das Ausbleiben der mo- natlichen Blutungen, ja nach einzelnen Erfahrungen durch Galvanismus *) u. a. erregt und bey gewiſſen ſehr reitzbaren Naturen, bringet ſelbſt die Naͤhe einer Katze oder anderer Raubthiere, ſo wie die Naͤhe gif- tiger Schlangen, die ſich im Schlafgemach verſteckt ha- ben, convulſiviſche Zufaͤlle hervor, welche jenen der Kriſe gleichen. Endlich ſo zeigt ſich jene Eigenſchaft des Gang- lienſyſtemes noch vorzuͤglich im Prozeß der weiblichen Zeugung und Ausbildung der Frucht, und es iſt auch hier, vornehmlich beym Weibe, das innerlich gewor- den, was urſpruͤnglich mehr aͤußerlich — ein Werk, nicht des bewußtloſen Bildungstriebes, ſondern des erkennenden Wortes ſeyn ſollte. Wenn jenem bilden- den Vermoͤgen in uns einſt die aͤußere Natur Mate- rial und eben ſo gut zu ihm gehoͤriges, eigenthuͤmli- ches Organ geweſen, als es ihm jetzt die Theile des Leibes ſind; ſo ſieht ſich dagegen in dem jetzigen Zu- ſtande jenes Vermoͤgen bloß auf die engen Grenzen des Ganglienſyſtemes beſchraͤnkt. In der That, dieſes Syſtem, durch deſſen Wirk- ſamkeit wir vorzuͤglich an die Materie gebunden, mit ihr vereint ſind, pflegt uns noch in dem jetzigen Zu- ſtande einen Sinn offen zu laſſen, welcher uns, uͤber alle Beſchraͤnkung des Raumes hinuͤber, ungehindert von den Banden der Schwere und der Koͤrperlichkeit, die *) Hagenbuſch und Gruber, bey Kluge, S. 173.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/142>, abgerufen am 04.05.2024.