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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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hierauf als Schwalbe, seufzend auf dem geliebten
Baume. Der offenbar gewordnen Gottheit wird der
theure Leichnam zurückgegeben.

Diese Wanderungen der Isis sind in die Elensinien
übergegangen, wo die Isis als Ceres, Osiris als
Proserpina erscheint. *) Es war die Proserpina eine
Göttin des Todes und der ewig neuentstehenden Keime,
ihr Nahme von Phosphorus hergeleitet, welcher schon
im Alterthum als eine Fackel des Todes und der Liebe
verehrt war. Nach einer egyptischen Sage war auch,
um die Leiden der ewigen Göttin zu vermehren,
der junge Sohn der Isis, Horus, von dem Typhon
getödtet. In den Eleusinien war er durch den jungen
Jachus dargestellt. Dieser, bald ein Sohn der Ce-
res, bald der Proserpina genannt, wird als Säug-
ling abgebildet. Jener Tag, wo man den Tod des
jungen Jachus beweinte, war in den Mysterien der
Heiligste. Zugleich wurde an ihm, in Körben ver-
wahrt, das Symbol der ewigen Wiederverjüngung der
Natur und des Schaffenden verehrt (der Lingam).
Die Blumen der Liebe -- Myrten und Rosen, deute-
ten in den Mysterien auf den Tod. So erschienen
Liebe und Tod, das seeligste Streben des Gemüths
und der Untergang des Individuums vereint.


*) S. Saint Croix. Die Beerdigung des Osiris und die
Entführung der Proserpina in die Unterwelt, hatten die-
selbe Bedeutung.

hierauf als Schwalbe, ſeufzend auf dem geliebten
Baume. Der offenbar gewordnen Gottheit wird der
theure Leichnam zuruͤckgegeben.

Dieſe Wanderungen der Iſis ſind in die Elenſinien
uͤbergegangen, wo die Iſis als Ceres, Oſiris als
Proſerpina erſcheint. *) Es war die Proſerpina eine
Goͤttin des Todes und der ewig neuentſtehenden Keime,
ihr Nahme von Phosphorus hergeleitet, welcher ſchon
im Alterthum als eine Fackel des Todes und der Liebe
verehrt war. Nach einer egyptiſchen Sage war auch,
um die Leiden der ewigen Goͤttin zu vermehren,
der junge Sohn der Iſis, Horus, von dem Typhon
getoͤdtet. In den Eleuſinien war er durch den jungen
Jachus dargeſtellt. Dieſer, bald ein Sohn der Ce-
res, bald der Proſerpina genannt, wird als Saͤug-
ling abgebildet. Jener Tag, wo man den Tod des
jungen Jachus beweinte, war in den Myſterien der
Heiligſte. Zugleich wurde an ihm, in Koͤrben ver-
wahrt, das Symbol der ewigen Wiederverjuͤngung der
Natur und des Schaffenden verehrt (der Lingam).
Die Blumen der Liebe — Myrten und Roſen, deute-
ten in den Myſterien auf den Tod. So erſchienen
Liebe und Tod, das ſeeligſte Streben des Gemuͤths
und der Untergang des Individuums vereint.


*) S. Saint Croix. Die Beerdigung des Oſiris und die
Entfuͤhrung der Proſerpina in die Unterwelt, hatten die-
ſelbe Bedeutung.
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[73/0087] hierauf als Schwalbe, ſeufzend auf dem geliebten Baume. Der offenbar gewordnen Gottheit wird der theure Leichnam zuruͤckgegeben. Dieſe Wanderungen der Iſis ſind in die Elenſinien uͤbergegangen, wo die Iſis als Ceres, Oſiris als Proſerpina erſcheint. *) Es war die Proſerpina eine Goͤttin des Todes und der ewig neuentſtehenden Keime, ihr Nahme von Phosphorus hergeleitet, welcher ſchon im Alterthum als eine Fackel des Todes und der Liebe verehrt war. Nach einer egyptiſchen Sage war auch, um die Leiden der ewigen Goͤttin zu vermehren, der junge Sohn der Iſis, Horus, von dem Typhon getoͤdtet. In den Eleuſinien war er durch den jungen Jachus dargeſtellt. Dieſer, bald ein Sohn der Ce- res, bald der Proſerpina genannt, wird als Saͤug- ling abgebildet. Jener Tag, wo man den Tod des jungen Jachus beweinte, war in den Myſterien der Heiligſte. Zugleich wurde an ihm, in Koͤrben ver- wahrt, das Symbol der ewigen Wiederverjuͤngung der Natur und des Schaffenden verehrt (der Lingam). Die Blumen der Liebe — Myrten und Roſen, deute- ten in den Myſterien auf den Tod. So erſchienen Liebe und Tod, das ſeeligſte Streben des Gemuͤths und der Untergang des Individuums vereint. *) S. Saint Croix. Die Beerdigung des Oſiris und die Entfuͤhrung der Proſerpina in die Unterwelt, hatten die- ſelbe Bedeutung.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/87>, abgerufen am 28.04.2024.