Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlaf gesprochen nichts wissend, wieder erwacht war,
von neuem magnetisirt wurde, gab sie diese Ursache
ihrer gestrigen Aengstlichkeit selber an.

Unter die merkwürdigsten Vorhersagungen gehören
wohl die, wo die Kranken sich auf einen gewissen Tag
Arzneyen verordneten, die auch dann wirklich indicirt
schienen. So verordnete sich die zuerst erwähnte Kran-
ke einmal auf einen der nächsten Tage ein Brechmittel.
Als der bestimmte Tag kam, waren wirklich jene Be-
schwerden da, welche das Erbrechen rathsam machten.
Die Wirkung der Arzneyen ward von ihr immer be-
stimmt vorausgesagt, und zwar sogar jene, welche
durchaus zufällig scheint, z. B. wie oft eine Purganz
die sie sich nach einigen Tagen verordnet hatte, wirken
würde. Bey dem Erwachen wußte sie wie von allem,
so auch von ihren eigenen Vorschriften nichts, vielmehr
sträubte sie sich, die nie gern Arzneyen nahm, gegen
die Mittel um die sie vorher so angelegentlich gebeten,
im Wachen so sehr, daß sie zuweilen Krämpfe bekam.

Es bleibt nun vorzüglich nur noch eine Erschei-
nung des magnetischen Schlafs übrig, die ohnstreitig
zu den merkwürdigsten unter allen gehört, jene tiefe
Sympathie der Somnambüle mit dem Magnetiseur
und andern mit ihr und ihm im Rapport stehenden Per-
sonen. Die junge 12jährige Rathsherren Tochter,
von welcher der Heilbronner Gmelin erzählt, befand
sich in jenem Zustand, dessen ich nachher noch mit ei-
nigen Worten gedenken werde, wo sie nur die Stimme
der mit ihr in Beziehung gesetzten Personen verstund.

Schlaf geſprochen nichts wiſſend, wieder erwacht war,
von neuem magnetiſirt wurde, gab ſie dieſe Urſache
ihrer geſtrigen Aengſtlichkeit ſelber an.

Unter die merkwuͤrdigſten Vorherſagungen gehoͤren
wohl die, wo die Kranken ſich auf einen gewiſſen Tag
Arzneyen verordneten, die auch dann wirklich indicirt
ſchienen. So verordnete ſich die zuerſt erwaͤhnte Kran-
ke einmal auf einen der naͤchſten Tage ein Brechmittel.
Als der beſtimmte Tag kam, waren wirklich jene Be-
ſchwerden da, welche das Erbrechen rathſam machten.
Die Wirkung der Arzneyen ward von ihr immer be-
ſtimmt vorausgeſagt, und zwar ſogar jene, welche
durchaus zufaͤllig ſcheint, z. B. wie oft eine Purganz
die ſie ſich nach einigen Tagen verordnet hatte, wirken
wuͤrde. Bey dem Erwachen wußte ſie wie von allem,
ſo auch von ihren eigenen Vorſchriften nichts, vielmehr
ſtraͤubte ſie ſich, die nie gern Arzneyen nahm, gegen
die Mittel um die ſie vorher ſo angelegentlich gebeten,
im Wachen ſo ſehr, daß ſie zuweilen Kraͤmpfe bekam.

Es bleibt nun vorzuͤglich nur noch eine Erſchei-
nung des magnetiſchen Schlafs uͤbrig, die ohnſtreitig
zu den merkwuͤrdigſten unter allen gehoͤrt, jene tiefe
Sympathie der Somnambuͤle mit dem Magnetiſeur
und andern mit ihr und ihm im Rapport ſtehenden Per-
ſonen. Die junge 12jaͤhrige Rathsherren Tochter,
von welcher der Heilbronner Gmelin erzaͤhlt, befand
ſich in jenem Zuſtand, deſſen ich nachher noch mit ei-
nigen Worten gedenken werde, wo ſie nur die Stimme
der mit ihr in Beziehung geſetzten Perſonen verſtund.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0358" n="344"/>
Schlaf ge&#x017F;prochen nichts wi&#x017F;&#x017F;end, wieder erwacht war,<lb/>
von neuem magneti&#x017F;irt wurde, gab &#x017F;ie die&#x017F;e Ur&#x017F;ache<lb/>
ihrer ge&#x017F;trigen Aeng&#x017F;tlichkeit &#x017F;elber an.</p><lb/>
        <p>Unter die merkwu&#x0364;rdig&#x017F;ten Vorher&#x017F;agungen geho&#x0364;ren<lb/>
wohl die, wo die Kranken &#x017F;ich auf einen gewi&#x017F;&#x017F;en Tag<lb/>
Arzneyen verordneten, die auch dann wirklich indicirt<lb/>
&#x017F;chienen. So verordnete &#x017F;ich die zuer&#x017F;t erwa&#x0364;hnte Kran-<lb/>
ke einmal auf einen der na&#x0364;ch&#x017F;ten Tage ein Brechmittel.<lb/>
Als der be&#x017F;timmte Tag kam, waren wirklich jene Be-<lb/>
&#x017F;chwerden da, welche das Erbrechen rath&#x017F;am machten.<lb/>
Die Wirkung der Arzneyen ward von ihr immer be-<lb/>
&#x017F;timmt vorausge&#x017F;agt, und zwar &#x017F;ogar jene, welche<lb/>
durchaus zufa&#x0364;llig &#x017F;cheint, z. B. wie oft eine Purganz<lb/>
die &#x017F;ie &#x017F;ich nach einigen Tagen verordnet hatte, wirken<lb/>
wu&#x0364;rde. Bey dem Erwachen wußte &#x017F;ie wie von allem,<lb/>
&#x017F;o auch von ihren eigenen Vor&#x017F;chriften nichts, vielmehr<lb/>
&#x017F;tra&#x0364;ubte &#x017F;ie &#x017F;ich, die nie gern Arzneyen nahm, gegen<lb/>
die Mittel um die &#x017F;ie vorher &#x017F;o angelegentlich gebeten,<lb/>
im Wachen &#x017F;o &#x017F;ehr, daß &#x017F;ie zuweilen Kra&#x0364;mpfe bekam.</p><lb/>
        <p>Es bleibt nun vorzu&#x0364;glich nur noch eine Er&#x017F;chei-<lb/>
nung des magneti&#x017F;chen Schlafs u&#x0364;brig, die ohn&#x017F;treitig<lb/>
zu den merkwu&#x0364;rdig&#x017F;ten unter allen geho&#x0364;rt, jene tiefe<lb/>
Sympathie der Somnambu&#x0364;le mit dem Magneti&#x017F;eur<lb/>
und andern mit ihr und ihm im Rapport &#x017F;tehenden Per-<lb/>
&#x017F;onen. Die junge 12ja&#x0364;hrige Rathsherren Tochter,<lb/>
von welcher der Heilbronner Gmelin erza&#x0364;hlt, befand<lb/>
&#x017F;ich in jenem Zu&#x017F;tand, de&#x017F;&#x017F;en ich nachher noch mit ei-<lb/>
nigen Worten gedenken werde, wo &#x017F;ie nur die Stimme<lb/>
der mit ihr in Beziehung ge&#x017F;etzten Per&#x017F;onen ver&#x017F;tund.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0358] Schlaf geſprochen nichts wiſſend, wieder erwacht war, von neuem magnetiſirt wurde, gab ſie dieſe Urſache ihrer geſtrigen Aengſtlichkeit ſelber an. Unter die merkwuͤrdigſten Vorherſagungen gehoͤren wohl die, wo die Kranken ſich auf einen gewiſſen Tag Arzneyen verordneten, die auch dann wirklich indicirt ſchienen. So verordnete ſich die zuerſt erwaͤhnte Kran- ke einmal auf einen der naͤchſten Tage ein Brechmittel. Als der beſtimmte Tag kam, waren wirklich jene Be- ſchwerden da, welche das Erbrechen rathſam machten. Die Wirkung der Arzneyen ward von ihr immer be- ſtimmt vorausgeſagt, und zwar ſogar jene, welche durchaus zufaͤllig ſcheint, z. B. wie oft eine Purganz die ſie ſich nach einigen Tagen verordnet hatte, wirken wuͤrde. Bey dem Erwachen wußte ſie wie von allem, ſo auch von ihren eigenen Vorſchriften nichts, vielmehr ſtraͤubte ſie ſich, die nie gern Arzneyen nahm, gegen die Mittel um die ſie vorher ſo angelegentlich gebeten, im Wachen ſo ſehr, daß ſie zuweilen Kraͤmpfe bekam. Es bleibt nun vorzuͤglich nur noch eine Erſchei- nung des magnetiſchen Schlafs uͤbrig, die ohnſtreitig zu den merkwuͤrdigſten unter allen gehoͤrt, jene tiefe Sympathie der Somnambuͤle mit dem Magnetiſeur und andern mit ihr und ihm im Rapport ſtehenden Per- ſonen. Die junge 12jaͤhrige Rathsherren Tochter, von welcher der Heilbronner Gmelin erzaͤhlt, befand ſich in jenem Zuſtand, deſſen ich nachher noch mit ei- nigen Worten gedenken werde, wo ſie nur die Stimme der mit ihr in Beziehung geſetzten Perſonen verſtund.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/358
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/358>, abgerufen am 22.11.2024.